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Scharfe Kritik an Hinrichtung in Weißrussland

17. März 2012

Präsident Lukaschenko hat internationale Proteste einmal mehr ignoriert: Einer der beiden mutmaßlichen U-Bahn-Attentäter von Minsk wurde trotz erheblicher Zweifel an seiner Schuld mit einem Genickschuss hingerichtet.

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Der angebliche U-Bahn-Attentäter Wladislaw Kowaljow bei seinem Prozess in Minsk (Foto: dpa)
Bild: picture alliance / dpa

Weißrussland ist das einzige europäische Land, in dem noch die Todesstrafe vollstreckt wird. Bundesaußenminister Guido Westerwelle und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton verurteilten die Hinrichtung des angeblichen U-Bahn-Attentäters Wladislaw Kowaljow scharf. Ihm und dem ebenfalls verurteilten Dmitri Konowalow sei das Recht auf einen fairen Prozess vorenthalten worden, sagte Ashton in Brüssel. Die Europäische Union lehne die Todesstrafe "unter allen Umständen" als grausam und unmenschlich ab.

Westerwelle forderte den autoritären weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko auf, das Todesurteil gegen den zweiten Beschuldigten, Konowalow, nicht zu vollstrecken. Die Aussichten dafür sind gering: Erst am Mittwoch hatte Lukaschenko eine Begnadigung Kowaljows abgelehnt. Sowohl die Bundesregierung als auch die Europäische Union hatten daraufhin gefordert, die Hinrichtung aufzuhalten.

Erhebliche Zweifel an den Vorwürfen

Die beiden 26-jährigen Männer waren in einem international kritisierten Verfahren schuldig gesprochen worden, im April 2011 einen Anschlag auf die Metro in Minsk verübt zu haben. Dabei starben 15 Menschen, rund 300 weitere wurden verletzt.

Viele Menschen in Weißrussland hegen erhebliche Zweifel an der Schuld von Kowaljow und Konowalow, wie auch an den vom Geheimdienst KGB geführten Ermittlungen. Denn nach der Tat wollten Gerüchte nicht verstummen, die Regierung selbst könnte für die Tat verantwortlich sein, um ihr hartes Vorgehen gegen innenpolitische Gegner zu rechtfertigen. Zumal der Anschlag zeitgleich mit der Niederschlagung regierungskritischer Proteste erfolgte.

Familie wird erst nach der Hinrichtung informiert

Nach Ende des vom Westen als "Schauprozess" bezeichneten Verfahrens hatten die Ermittler auch die vor Gericht präsentierten Beweise vernichtet. Die EU und die USA haben angesichts der Willkürjustiz in Weißrussland Sanktionen gegen die Ex-Sowjetrepublik verhängt.

Die Mutter von Wladislaw Kowalew wurde in einem kurzen Brief vom Obersten Gerichtshof des Landes über die Hinrichtung ihres Sohnes informiert. Sie könne die Sterbeurkunde abholen, hieß es darin. Ob auch die Leiche an die Familie übergeben wird, scheint ungewiss. In Weißrussland wird den Todeskandidaten von hinten in den Kopf geschossen, anschließend werden sie an einem unbekannten Ort begraben.

rb/hp (afp, dapd, dpa)