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Scharfe Kritik an Kofi Annan

2. Dezember 2004

UN-Generalsekretär Annan ist wegen Ungereimtheiten beim Programm "Öl für Lebensmittel" im Irak in der Kritik, sogar eine Rücktrittsforderung wurde laut. Sie findet aber in der internationalen Politik wenig Widerhall.

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Guter Ruf in Gefahr: Kofi AnnanBild: dpa

Nach Vorwürfen der USA wegen Ungereimtheiten in Zusammenhang mit dem UN-Hilfsprogramm "Öl für Lebensmittel" im Irak haben sich zahlreiche UN-Diplomaten hinter UN-Generalsekretär Kofi Annan gestellt. Bei einem Treffen mit Annan über Reformen des Sicherheitsrats erklärten sich die Botschafter Argentiniens, Algeriens, Kolumbiens, Ägyptens, Italiens, Mexikos, Marokkos, Pakistans, Südkoreas, Spaniens und der Türkei demonstrativ solidarisch mit Annan.

UNO Gebäude in New York
UNO Gebäude in New York (Archiv)Bild: AP

Annan sehe sich "unfairen und ungerechtfertigten Angriffen" ausgesetzt, sagte Spaniens UN-Botschafter Juan Antonio Yanez Barnuevo, der sich mit Kollegen anderer Nationen am Mittwoch (1.12.) mit dem Generalsekretär in New York getroffen hatte, um ihm ihre Solidarität zuzusichern. Annan, der sein Amt noch bis zum Jahr 2006 innehat, sei eine Inspiration für alle gewesen, sagte Barnuevo. Die Diplomaten hätten den UN-Generalsekretär bei ihrem Besuch "guter Dinge" angetroffen.

Von Korruption ist die Rede

Der republikanische Senator Norm Coleman, Chef des US-Untersuchungsausschusses zum Skandal um das UN-Programm, hatte in einem Artikel im "Wall Street Journal" den Rücktritt Annas gefordert. Er begründete dies vor allem damit, dass die Unregelmäßigkeiten um das Öl-für-Lebensmittel-Programm unter Annans Augen geschehen seien. Im Rahmen des Programms konnte der Irak unter Saddam Hussein von 1996 bis 2003 trotz der UN-Sanktionen eine begrenzte Menge Erdöl aus- und im Gegenzug Lebensmittel und Medikamente einführen. Der inzwischen gestürzte Machthaber soll das komplizierte System jedoch benutzt haben, um Milliarden von Dollar abzuzweigen. In den Korruptionsskandal sollen auch zahlreiche ausländische Firmen und ranghohe UN-Beamte verwickelt sein. Annan und der US-Kongress haben inzwischen getrennte Untersuchungsausschüsse zu der Affäre eingerichtet.

Annan steht außerdem von Seiten der UN-Belegschaft unter Druck: Der Generalsekretär habe einen ranghohen UN-Mitarbeiter zu Unrecht vom Vorwurf der Begünstigung und der sexuellen Belästigung von Mitarbeitern entlastet, so der Vorwurf.

Undurchsichtige Haltung der US-Regierung

Die Gruppe der afrikanischen Staaten bekundete in einem Brief ihre Unterstützung für Annan. Sie schrieben darin, sie seien "sehr beunruhigt" von den Medienberichten, über deren "Parteilichkeit, deren fehlende Objektivität und propagandistische Färbung". Sie gratulierten Annan zu der Art und Weise, wie er bisher mit der Situation umgegangen sei, hieß es weiter.

Die US-Regierung schien daraufhin vorsichtig von den Vorwürfen aus dem Senat Abstand zu nehmen. Der stellvertretende US-Außenamtssprecher Adam Ereli sagte in Washington, Annan sei ein geschätzter Gesprächspartner, der positiv und kooperativ an den Untersuchungen zum Skandal um das Hilfsprogramm "Öl für Lebensmittel" mitwirke. Der UN-Generalsekretär verstehe, was auf dem Spiel stehe und verhalte sich richtig.

Ob die US-Regierung die Forderungen nach einem Rücktritt Annans teile, wollte Ereli freilich nicht direkt beantworten. Er wolle nicht mit dem Finger auf Einzelne zeigen, sagte er.

Kritik an Annans Sohn

Im Zusammenhang mit dem Programm "Öl für Lebensmittel" gibt es auch Vorwürfe gegen Annans Sohn Kojo. Kojo Annan hatte bis 1998 einen Beratervertrag mit der Schweizer Firma Cotecna, die im Rahmen des UN-Programms die an den Irak gelieferten Waren überprüfte. Nach seinem Ausscheiden sollte er noch bis Ende 1999 eine Vergütung dafür erhalten, dass er auf die Gründung einer Konkurrenzfirma in Afrika verzichtete. Tatsächlich wurde der ghanaische Geschäftsmann jedoch noch bis Februar 2004 weiterbezahlt.

Willkommenes Druckmittel

Annan gab bereits Ende November zu, dass der Korruptionsskandal seine Arbeit in Zukunft erheblich erschweren dürfte. "Wir haben schwere Aufgaben vor uns liegen", sagte er. "Sie wären auch sonst nicht einfach zu lösen gewesen, sind aber in diesem Klima und angesichts der Diskussion über das Öl-für-Lebensmittel-Programm sehr viel schwieriger geworden."

Der Skandal dürfte für die US-Regierung ein willkommenes Druckmittel gegen den UNO-Chef sein. Im Januar sollen im Irak Wahlen stattfinden, und Annan wird sich vorher über Sinn oder Unsinn dieses Vorhabens in dem zerrütteten Land äußern müssen. US-Präsident Bush erwartet dazu einen wohlwollenden Kommentar aus der UNO - wird der nicht laut hörbar sein, dürfte auch der Skandal um Vater und Sohn Annan so schnell nicht zu den Akten gelegt werden. (mas)