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Scharfe Töne zwischen Ankara und Berlin

2. August 2016

Im Streit zwischen der Türkei und Deutschland wird kein Blatt mehr vor den Mund genommen. Ankara will die Visafreiheit und droht mit einem Ende des Flüchtlingspakts. In Berlin ist die Empörung groß.

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Mann mit türksischer Fahne in Berlin vorm Brandenburger Tor (Foto: DPA)
Bild: picture alliance/dpa/K.-D. Gabbert

Das harsche Vorgehen der türkischen Regierung gegen ihre Gegner nach dem Putschversuch reißt immer tiefere Gräben zu Europa auf. In einer gereizten Atmosphäre stellte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Montag den Flüchtlingspakt zwischen der EU und seinem Land infrage und forderte ultimativ die versprochene Visumfreiheit für Türken.

"Es gibt Bedingungen..."

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wies die Drohungen der türkischen Regierung zurück. "Es bringt jetzt nichts, sich gegenseitig Ultimaten zu stellen und zu drohen", sagte Steinmeier der "Rheinischen Post". "Es gibt Bedingungen für die Visafreiheit, und diese sind allen Seiten bekannt", sagte der SPD-Politiker. Die Türkei habe sich verpflichtet, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um diese Bedingungen zu erfüllen. "Das ist momentan allerdings noch nicht der Fall und die Türkei hat da noch Arbeit vor sich."

Steinmeier betonte, dass die Beitrittsgespräche der EU mit der Türkei nicht abbrechen dürften. "Verbindungen kappen, das ist das denkbar schlechteste Mittel von Politik." Sollte die Türkei jedoch die Todesstrafe wieder einführen, würde dies Einfluss auf die Gespräche nehmen. "Das wäre mit europäischen Werten nicht vereinbar."

Diplomatie ist gefragt

Schärfer äußerte sich CDU-Vize Thomas Strobl. Er warf der Türkei "Erpressung" vor. "So haben Staaten nicht miteinander umzugehen", sagte er der "Rheinischen Post". Ähnlich hatte sich SPD-Chef Sigmar Gabriel geäußert.

Der Vizepräsident des EU-Parlamentes, Alexander Graf Lambsdorff, forderte die Bundesregierung zu einer diplomatischen Initiative auf. "Die Türkei weiß genau, dass sie ihre Hausaufgaben noch nicht gemacht hat", sagte der FDP-Politiker. Andererseits gelinge es aber auch der Bundesregierung nicht, in dieser heiklen Lage, die Gemüter zu beruhigen: "Jetzt ist Diplomatie gefragt, nicht Gepolter."

Der CDU-Innenexperte Ansgar Heveling warnte, dass bei einem Scheitern des Flüchtlingspakts mit der Türkei wieder mehr Menschen auf Booten nach Europa kämen. In der Folge müsste die EU ihre Grenzen "zusätzlich sichern und Griechenland weitere Mittel und Personal bereitstellen, um Asylverfahren rechtmäßig durchzuführen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Bislang hält Türkei Abkommen ein

In dem Flüchtlingsabkommen zwischen der Türkei und der Europäischen Union vom März hatte Ankara versprochen, illegal nach Griechenland übergesetzte Flüchtlinge zurückzunehmen. Im Gegenzug sagte die EU Finanzhilfen zu und stellte unter anderem die Visumfreiheit für Türken in Aussicht. Außenminister Cavusoglu hatte am Montag gesagt, seine Regierung erwarte einen konkreten Termin: "Es kann Anfang oder Mitte Oktober sein - aber wir erwarten ein festes Datum". Und hinzugefügt: "Wenn es nicht zu einer Visa-Liberalisierung kommt, werden wir gezwungen sein, vom Rücknahmeabkommen und der Vereinbarung vom 18. März Abstand zu nehmen."

Nach Angaben der griechischen Regierung hielt die Türkei bisher das Flüchtlingsabkommen noch ein. Allerdings nehme sie zurzeit keine Flüchtlinge mehr zurück. Nach dem Putsch seien seit dem 21. Juli alle türkischen Beamten aus Griechenland abgezogen worden, sagte ein Offizier der Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur. Diese türkischen Regierungsvertreter entscheiden, wann und wie viele Migranten in die Türkei zurückgeschickt werden.

cr/SC (dpa, afp)