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Schavan wehrt sich gegen Plagiatsvorwürfe

15. Oktober 2012

Bundesbildungsministerin Schavan will energisch gegen die Plagiatsvorwürfe im Zusammenhang mit ihrer Doktorarbeit vorgehen. Angesichts neuer Rücktrittsforderungen gab Kanzlerin Merkel ihrer Ministerin Rückendeckung.

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Bundesbildungsministerin Annette Schavan (Archivfoto von August 2012: dapd)
Annette Schavan Dissertation Doktorarbeit PlagiatBild: dapd

In mehreren Interviews wies die als Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel geltende Ministerin Plagiatsvorwürfe entschieden zurück. "Ich habe zu keinem Zeitpunkt bei der Arbeit an meiner Dissertation versucht zu täuschen. Sobald mir der Promotionsausschuss Gelegenheit dazu gibt, werde ich zu den Vorwürfen Stellung nehmen", sagte Schavan der "Rheinischen Post" aus Düsseldorf.

"Nicht getäuscht"

In der "Südwest-Presse" aus Ulm betonte die Ministerin, sie habe in ihrer 1980 verfassten Arbeit "keine Quelle bewusst falsch angegeben". Zwar könne sie sich nach mehr als 30 Jahren "natürlich nicht mehr an alle Einzelheiten genau erinnern". Sie habe aber eine Quelle gehabt, sagte Schavan und äußerte sich überzeugt, dass von den Vorwürfen "nichts übrig bleibt". Die heute 57-jährige CDU-Politikerin beschäftigte sich in ihrer erziehungswissenschaftlichen Dissertation mit dem Thema "Person und Gewissen".

Die "Süddeutsche Zeitung" und das Magazin "Der Spiegel" hatten berichtet, ein Gutachter der Universität Düsseldorf werfe Schavan bewusste Täuschung bei ihrer Promotionsarbeit vor. Es ergebe sich das "charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise". Der Gutachter habe auf 60 von 351 Seiten Mängel gefunden. "Eine leitende Täuschungsabsicht ist nicht nur angesichts der allgemeinen Muster des Gesamtbildes, sondern auch aufgrund der spezifischen Merkmale einer signifikanten Mehrzahl von Befundstellen zu konstatieren", zitieren "SZ" und "Spiegel" aus der vertraulichen Analyse.

Plagiatsvorwurf: Schavan # LM schavan15g # 14.10.2012 15 Uhr # Journal Deutsch

Rückendeckung von Merkel nach Rücktrittsforderungen

Durch die Plagiatsvorwürfe ist nicht nur die Doktorarbeit Schavans infrage gestellt. Vertreter von SPD und Grünen zogen auch die Glaubwürdigkeit der Bildungsministerin in Zweifel. Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, sagte, es sei beschämend, dass Schavan die Sache aussitzen wolle. Noch habe Schavan ihr Amt zwar formal inne. "Aber die Glaubwürdigkeit, die sie für eine gute Amtsführung braucht, hat sie schon verloren", so Künast in der "Rheinischen Post". Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Ernst Dieter Rossmann, forderte den Rücktritt der Bildungsministerin, falls ihr wegen der Vorwürfe der Doktortitel aberkannt werde.

Dagegen sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel ihrer Ministerin das "volle Vertrauen" aus. Schavan sei eine "hervorragende und sehr erfolgreiche Ministerin", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. "Die Bundeskanzlerin hat volles Vertrauen zu ihr." Über die Doktorarbeit Schavans müsse der Promotionsausschuss der Universität Düsseldorf befinden.

Beratungen der Universität

Die Universität hatte Anfang Mai eine Prüfung der Schavanschen Arbeit eingeleitet, nachdem im Internet Plagiatsvorwürfe gegen die Politikerin erhoben worden waren. Über eine mögliche Aberkennung des Doktortitels von Schavan entscheidet der Rat der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf auf der Grundlage einer Empfehlung des Promotionsausschusses. Dieses Gremium tagt nach "Spiegel"-Informationen am Mittwoch.

In der Affäre um Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der 2011 wegen anfänglich bestrittener Plagiate in seiner Doktorarbeit zurückgetreten war, gehörte Schavan zu den härtesten Kritikern des CSU-Politikers. Sie "schäme" sich für Guttenberg und dessen Fehlverhalten, sagte Schavan damals. Die Kommentatoren der deutschen Zeitungen sind sich einig: An diesen Worten wird sich die Bildungsministerin messen lassen müssen.

wl/haz/kis (dpa, dapd, afp, rtr)