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Schein und Sein - Zaubertricks täuschen das Gehirn

19. Februar 2010

Wie lassen Zauberer Kaninchen verschwinden? Indem sie ihre Zuschauer täuschen und für ihre Tricks Lücken in der menschlichen Wahrnehmung ausnutzen. Unser Gehirn, haben Forscher herausgefunden, arbeitet äußerst selektiv.

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Das Grundprinzip der Magier ist einfach: Sie ziehen die Aufmerksamkeit ihrer Zuschauer in die falsche Richtung und erreichen so, dass diese den eigentlichen Trick übersehen. Sie experimentieren erfolgreich mit optischen Täuschungen. Damit sind Magier so etwas wie die Wahrnehmungsforscher der ersten Stunde.

Illusionist bewegt sich scheinbar zweigeteilt auf der Bühne (Foto: picture alliance/dpa)
Die perfekte Illusion - Unser Gehirn kann man leicht austricksenBild: picture alliance/dpa

Doch lassen sich magische Tricks auch dazu benutzen, unsere Wahrnehmung zu erforschen? Ja, sagt Gustav Kuhn, der Begründer der Magicology – der Zauberwissenschaften. Mit einem sogenannten Eye Tracker verfolgt er die Augenbewegungen während Versuchspersonen den Trick auf einem Bildschirm beobachten. Kuhn ist Psychologe und der erste Wissenschaftler, der mit Hilfe von Zaubertricks das menschliche Bewusstsein untersucht hat.

Mit Hilfe des Eye Trackers, erklärt Kuhn, ließen sich auf dem Bildschirm die Punkte zeigen, auf die die Versuchspersonen schauen. Dabei werde deutlich, dass sich die meisten Menschen leicht vom Wesentlichen ablenken lassen, sich auf die Blickrichtung des Zauberers konzentrieren und dadurch nicht mitbekommen, wie dieser zum Beispiel ein Feuerzeug fallen lässt: "Dadurch ist unsere Sicht eingeschränkt und unser Gehirn verarbeitet nur die Informationen, die wichtig erscheinen. Was man nicht aufmerksam betrachtet, sieht man nicht", resümiert der Psychologe, der selbst Magier ist.

Wir glauben Dinge, die wir so niemals gesehen haben

Dieses Phänomen erklärt auch einen Zaubertrick, bei dem der Magier mehrmals einen Ball in die Luft wirft und ihn immer wieder wieder auffängt. Nach dem letzten Hochwerfen, kündigt der Magier an, werde der Ball nicht wieder zurückkommen. Beim vermeintlich letzten Wurf konzentrieren sich die Probanden nun so sehr auf den Blick des Magiers, dass sie zu sehen glauben, wie der Ball in der Luft verschwindet. Dabei hat der Magier den Ball gar nicht mehr geworfen.

Der Grund für diese Täuschung: Unser Gehirn arbeitet äußerst selektiv. Dadurch lässt es uns an Dinge glauben, die wir so gar nicht gesehen haben können. Informationen benötigen vom Auge bis ins Bewusstsein einige Millisekunden. Das Gehirn trifft deshalb Vorhersagen für uns, damit wir schneller reagieren können.

Messung der Hirnströme beim Betrachten eines Zaubertricks (Foto: picture alliance/dpa)
Magie und Illusion - Was passiert da in unserem Gehirn?Bild: picture-alliance/dpa

An der Ludwig-Maximilians-Universität München untersuchen die Psychologen Amory Faber und Michael Öllinger die Zauberei nach neurologischen Kriterien. Sie wollen wissen, welche Gehirnregionen aktiv werden, wenn der Proband überrascht wird.

Dafür verkabeln sie Testpersonen mit 64 Elektroden. Auf einem Bildschirm spielt ihnen Amory Faber Tricks des Münchner Zauberers Thomas Fraps vor. Die Psychologin will wissen, welche Hirnregionen dabei aktiviert werden und wo Reaktionen entstehen, wenn zum Beispiel plötzlich ein Tischtuch schwebt.

Faber findet heraus, dass der sogenannte Anteriore Cinguläre Cortex besonders stark auf die optischen Täuschungen reagiert . Er funktioniert wie ein Frühwarnsystem im Gehirn und ändert bei Gefahr unser Verhalten. Er liegt direkt hinter den Augen. Bei emotionalen Konflikten oder schwierigen Entscheidungen stimmt er uns optimistischer. Und er ist offensichtlich dafür verantwortlich, dass wir uns durch Magier so leicht täuschen lassen.

Zauberer holt Karten aus seinem Ärmel (Foto: PA/Okapia)
Manchmal muss man nur ganz genau hinschauen ...Bild: PA/OKAPIA

Magicology ist eine sehr junge Wissenschaft. Die Vision der Forscher ist, die Magie irgendwann auch als Medizin zu benutzen - etwa nach Hirnverletzungen, bei Hyperaktivität oder Demenz.

Autor: Robert Donauer

Redaktion: Judith Hartl