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Publikumsfestival Berlinale

18. Februar 2011

Die Berlinale ist ein Publikumsfestival - auch wenn es gar nicht so leicht ist, eine Karte zu ergattern. Wer es dennoch versuchen möchte, der braucht Durchhaltevermögen, einen eisernen Willen und ein gutes Immunsystem.

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Vor den Ticketschaltern in den "Arkaden am Potsdamer Platz" sitzen Kinobesucher vor den Stellwänden mit dem Berlinale-Programm (Foto: Clemens Bilan/dapd).
Bild: dapd

Gundel, Susanne und Nicole haben es sich gemütlich gemacht. Zum Glück gibt es an der Abendkasse für den Berlinale-Palast eine gepolsterte Bank. Auf der sitzen die drei schon seit fünf Stunden, genau in der Reihenfolge, wie sie hier eingetroffen sind. Auf Platz eins ist Hans-Uwe. Er war schon um 11 Uhr hier, wie auch die Tage zuvor. Dabei öffnet die Tür zur Abendkasse erst gegen 14 Uhr. Aber da er der Erste sein will, stellt sich der Schwabe eben die drei Stunden vor die Tür, bei eisigem Februarwind. "Das ist gar nicht langweilig", sagt der Rentner. "Ständig kommen Leute vorbei und fragen, wo dieses oder jenes Kino ist oder wie man am besten an Karten kommt."

Ticketkauf - eine Philosophie für sich

Berlinale-Tickets (Foto: DW)
Objekte der Begierde: Berlinale-TicketsBild: DW

Dahinter steckt tatsächlich ein eigenes System, das der Berlinale Neuling erst einmal erlernen muss: Schlangestehen an Ticket- oder Abendkassen, Online-Ticketkauf oder mit "Suche Karten"-Schildern vor dem jeweiligen Kino warten - alles eine Frage der Geduld. Am effektivsten ist es wahrscheinlich, seine Kontakte spielen zu lassen und bei den diversen Filmemachern, Produzenten oder dem Chef Dieter Kosslick um eine persönliche Einladung zu bitten. Hans-Uwe und die drei Bankerinnen haben sich für die Abendkasse entscheiden - allerdings nicht für irgendeine, sondern für diejenige Kasse, die den Eintritt in den riesigen Berlinale-Palast und damit auch zu den Premieren der Wettbewerbsfilme verspricht. Hans-Uwe hat gar nicht vor, den heutigen 3D-Film "Pina" von Wim Wenders selber anzusehen. Er wartet für seine Frau, die abends ins Kino gehen will.

Urlaub für und auf der Berlinale

Susanne und Nicole haben sich wie jedes Jahr extra Urlaub für die Berlinale genommen. Schlangestehen ist schließlich eine Ganztagsaufgabe. "Wir treffen uns jedes Jahr wieder, kennen uns mittlerweile ganz gut und halten gegenseitig auch einmal für ein paar Stunden den Platz frei", sagt die 43-jährige Susanne. Dass die Wettbewerbs-Filme nach der Berlinale auch bald ins Kino kommen, stört sie nicht. "Die Stimmung bei so einer Premiere ist einfach etwas ganz Besonderes, dafür lohnt es sich, so lange warten." Theoretisch könnte man sich diese Karten auch an den ganz regulären Kassen in den "Arkaden am Potsdamer Platz" kaufen, dem Shopping-Center neben dem Berlinale-Palast. Theoretisch. An diesen Kassen werden die Karten jeweils nur für drei Tage im Voraus verkauft. Die Schalter öffnen um 10 Uhr, doch bereits zwei Stunden vorher postieren sich schon die ersten Fans, um auch wirklich die gewünschte Karte zu bekommen.

Vor den Ticketschaltern in den "Arkaden am Potsdameer Platz" haben sich lange Schlangen gebildet (Foto: DW/Nadine Wojcik).
Nur nicht die Geduld verlieren: Schlangestehen an den Ticket-SchalternBild: Nadine Wojcik

Gute Abwehrkräfte gefragt

Petra und David aus Potsdam, beide 39 Jahre alt, haben darauf keine Lust, das Pärchen setzt stattdessen auf den Online-Ticketverkauf. Das braucht allerdings Übung. Auch hier werden Karten nur drei Tage im Voraus verkauft, auch hier geht es ab 10 Uhr morgens los. "Wir loggen uns immer vor 10 Uhr ein und wissen genau, welche Filme wir sehen wollen." Das müssen sie auch, denn schon kurz nach 10 Uhr sind alle beliebten Filme ausverkauft. Die Berlinale macht aber nicht nur hinsichtlich der Tickets fiebrig. Das Filmfestival ist auch ein realer Krankheitsüberträger. Draußen vor den Kinos bläst ein eiskalter Wind, es herrschen frostige Temperaturen. Drinnen im Warmen ist die Ansteckungsgefahr entsprechend hoch. Dieter Kosslick, Berlinale-Chef setzt daher angeblich auf morgendliches Yoga, um das Festival zu überstehen. Beki Probst, Leiterin des European Film Market, schwört auf ausreichend Schlaf - und so wenig Partys wie möglich.

Autorin: Nadine Wojcik

Redaktion: Sabine Oelze