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Schlechte Noten für die Politik

Sabine Kinkartz12. August 2013

Vor zwei Jahren wurde in Deutschland das Aus für die Atomenergie besiegelt. Die Verbraucher stöhnen seitdem zwar über steigende Strompreise, befürworten das Projekt aber trotzdem.

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Eine Fotomontage, in der ein Windkraftrad mit einem Knoten im Mast schief vor dem Bundeskanzleramt in Berlin steht (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Die Deutschen stehen mehrheitlich hinter den Zielen der Energiewende. 82 Prozent der Verbraucher befürworten den Ausstieg aus der Atomenergie und einen verstärken Ausbau erneuerbarer Energien. Das geht aus einer in Berlin veröffentlichten repräsentativen Studie des Meinungsforschungsinstituts forsa im Auftrag des Bundesverbands der Verbraucherzentralen hervor. Als größte Vorteile der Energiewende werden der Klima- und Umweltschutz genannt, gefolgt von einer höheren Sicherheit durch den Atomausstieg.

Teurer Strom - Wahlkampfthema Energiewende

Mit der Umsetzung der Energiewende sind allerdings weitaus weniger Bürger einverstanden. 48 Prozent der Befragten finden sie "eher nicht" oder "gar nicht" richtig. Nur 40 Prozent sind mit der Entwicklung zufrieden. Schuld daran sind vor allem die immer weiter steigenden Energiekosten. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird über eine Umlage auf die Verbraucher subventioniert. Sie zahlen die Differenz zwischen den garantierten Abnahmepreisen für Ökostrom und dem Börsenpreis. Experten rechnen damit, dass die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegte Umlage im Oktober von 5,3 auf bis zu 7 Cent pro Kilowattstunde angehoben wird. Jeder zweite Befragte empfindet das als großen Nachteil.

Lasten auf alle Schultern verteilen

Unmut besteht auch über die in den Augen vieler Bürger ungerechte Kostenverteilung. Zwei Drittel der Befragten fordern, Ausnahmeregelungen für energieintensive Unternehmen abzuschaffen. Die durch den Ausbau der erneuerbaren Energien entstehenden Mehrkosten müssten gerecht auf die Privathaushalte und die Wirtschaft, also auf alle Verbraucher, verteilt werden.

Gerd Billen, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), zieht aus der Umfrage ein klares Fazit. Die Energiewende sei richtig und wichtig. "Damit die Stimmung nicht kippt, sind jetzt aber Korrekturen bei der Umsetzung nötig." Wie diese Korrekturen aussehen könnten, darüber haben die Bürger eine klare Meinung. 50 Prozent der Befragten votieren dafür, das Ausbauvolumen zu begrenzen. Jedes Jahr dürfe nur eine bestimmte Anzahl erneuerbarer Energieanlagen gebaut oder gefördert werden, weil die Kosten so begrenzt werden könnten und der Netzausbau besser koordiniert werden könnte. Jeder Zweite spricht sich außerdem für den dezentralen Ausbau neuer Anlagen aus. Neue Windkrafträder sollten vor allem dort gebaut werden, wo der Strom auch gebraucht werde.

Mangelhaft bis Ungenügend

Weit mehr als die Hälfte der Verbraucher misst sich selbst oder Verbraucherverbänden allerdings nur einen geringen Einfluss auf das Gelingen der Energiewende zu. Die aus ihrer Sicht einflussreichen Akteure sind Wirtschaft, Industrie und Politik. "Die Verbraucher bezahlen für die Energiewende, dürfen aber nicht mitentscheiden", kritisiert Gerd Billen.

Eine Kritik, die in ähnlicher Form allerdings auch von Seiten der Wirtschaft erhoben wird. In einer vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) in Auftrag gegebenen Umfrage erteilt gut die Hälfte der befragten Unternehmen der Politik bei der Umsetzung der Energiewende die Noten "mangelhaft" oder "ungenügend". Lediglich 3,4 Prozent halten das Management für "sehr gut" oder "gut". "Die Unternehmen brauchen sicheren, sauberen und bezahlbaren Strom. Das sehen sie durch das dürftige Management der Energiewende gefährdet", kritisiert BDI-Präsident Ulrich Grillo. Die Mehrheit der Firmen spricht sich in der Umfrage zudem für eine europaweite Harmonisierung der Förderung erneuerbarer Energien aus.