1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Schlechte Zeiten für deutsche Steuerbetrüger

28. Oktober 2010

Ihr Bankgeheimnis geben die Schweizer nicht auf, trotzdem legen Deutsche und Eidgenossen ihren Steuerstreit bei. Bei Verdacht auf Steuerhinterziehung will die Schweiz künftig mit deutschen Behörden kooperieren.

https://p.dw.com/p/Pqep
Schweizer Flagge (Foto: bilderbox)

Nein, besonders gut haben sich Schweizer und Deutsche nicht verstanden, in den letzten paar Jahren. Zumindest auf politischer Ebene. So drohte der ehemalige deutsche Finanzminister Peer Steinbrück den Eidgenossen schon mal mit der Kavallerie, weil sie ihr Bankgeheimnis partout nicht lockern wollten. Was Steinbrück dann den unschmeichelhaften Titel "der hässliche Deutsche" einbrachte. Zwei Jahre und einen deutschen Finanzminister später ist das alles Schnee von gestern.

Schäuble und Merz (Foto: AP)
Steuerstreit beendet - Abkommen unterzeichnetBild: AP

Zwar steht das Schweizer Bankgeheimnis immer noch in der Verfassung, aber immerhin ist der Steuerstreit mit Deutschland jetzt beigelegt. Ganz still und leise. Steinbrücks Nachfolger Wolfgang Schäuble und sein Schweizer Kollege Hans-Rudolf Merz haben am Mittwoch (27.10.2010) ein neues Doppelbesteuerungsabkommen für einen besseren Informationsaustausch unterzeichnet.

Angst vor der schwarzen Liste

Die Schweiz verpflichtet sich darin, künftig beim Verdacht auf Steuerhinterziehung mit den deutschen Behörden zusammenzuarbeiten. Außerdem wollen Schäuble und Merz darüber verhandeln, wie Geld von deutschen Steuerbetrügern, das schon seit Jahren auf Schweizer Konten liegt, legalisiert werden kann.

Dass sich die Schweiz nun doch dazu bereit erklärt hat, liegt allerdings nicht nur an der stillen Steuer-Diplomatie von Wolfgang Schäuble. Die Schweizer waren international immer stärker unter Druck geraten und hatten Angst, auf die schwarze Liste der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu kommen. Um darauf nicht als Steueroase verunglimpft zu werden, haben die Eidgenossen in den vergangenen Monaten mit zahlreichen Ländern Steuerabkommen beschlossen.

30 illegale Milliarden

Für deutsche Steuerbetrüger wird es jetzt jedenfalls schwerer, Geld am Fiskus vorbei in die Schweiz zu schleusen. Bisher haben - groben Schätzungen zufolge - mehr als 100.000 die Vorzüge der schweizer Diskretion genutzt und bis zu 30 Milliarden Euro unversteuert im Nachbarland angelegt.

Denn Schweizer Behörden haben in der Regel nicht mit den deutschen Finanzämtern zusammen gearbeitet - unter Berufung auf das Bankgeheimnis. Das neue Doppelbesteuerungsabkommen nach OECD-Standard sieht nun einen besseren Informationsaustausch der Behörden vor. Mit der Vereinbarung hebt die Schweiz den Unterschied zwischen Steuerhinterziehung, die weitgehend straffrei ist und keine Amtshilfe vorsieht, und Steuerbetrug auf.

Per Steinbrück (Foto: dpa)
Seine Kavallerie muss doch nicht anrückenBild: AP

Ab dem kommenden Jahr soll zudem verhandelt werden, wie Deutsche in der Schweiz legal ein Konto unterhalten können. Dabei soll unter anderem eine Abgeltungsteuer eingeführt werden. Das heißt, dass Kunden von Schweizer Banken künftig einen bestimmten Steuersatz auf ihr angelegtes Vermögen zahlen müssen. Eine solche Abgabe ist schon in vielen anderen europäischen Ländern üblich. Wie hoch die Steuer sein wird, soll in den Verhandlungen geklärt werden.

War die harte Tour richtig?

Noch offen ist, was mit den Milliarden passieren soll, die schon seit Jahren illegal in der Schweiz angelegt sind. In den kommenden Monaten wollen die Finanzminister einen Weg finden, wie dieses Geld "legalisiert" werden kann.

Die finanzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, Nicolette Kressl, begrüßte die Einigung. Für sie ist aber klar: Hätte Schäubles Vorgänger, Peer Steinbrück (SPD), die Schweizer nicht monatelang mit dem Steuer-Thema genervt, hätte sich nichts getan. Das könnte sein. Allerdings wären die Deutschen ohne die Kavallerie-Drohungen jenseits der Alpen heute vermutlich ein wenig beliebter.

Autor: Manfred Götzke (dpa, afp, rtr)

Redaktion: Stephan Stickelmann