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Was Politiker gegen ein schlechtes Image tun könnten

21. April 2010

Das Ansehen von Politikern ist laut Umfragen miserabel. Warum das so ist und wie sich das vielleicht ändern ließe, darauf versucht die Bundeszentrale für politische Bildung mit einem Film-Projekt Antworten zu geben.

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Das Reichstagsgebäude mit dem Eingangsportal, der Deutschland-Fahne in den Farben Schwarz-Rot-Gold und der gläsernen Kuppel. (Foto: Berliner Reichstag)
Bild: Berliner Reichstag, Berlin, Deutschland

Im Mittelpunkt stehen elf Politiker, die sich über einen längeren Zeitraum von Filmemachern begleiten ließen und immer wieder das Gespräch mit Oberschülern suchten. Ein interessanter Versuch, Politiker einmal als ganz normale Menschen zu erleben und festzustellen, dass sie oft ganz anders sind, als viele denken. Und eigentlich kann es nur besser werden, denn laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach aus dem Jahr 2008 rangieren Politiker unter 17 Berufen auf dem vorletzten Platz. Den besten Ruf hatten damals Ärzte.

Drei klassische Vorurteile über Politiker

Wahrscheinlich fiele eine aktuelle Umfrage ähnlich aus. Und das hat Gründe: Politiker streiten nur. Politiker wollen nur Macht. Politiker versprechen viel und halten wenig. Das sind drei der am weitesten verbreiteten Vorurteile über jene, die Kommunen, Städte und Länder regieren. Dass es trotz dieses miserablen Images überhaupt noch Menschen gibt, die sich in die Politik wagen, mutet fast schon wieder überraschend an.

Parlamentspräsident Norbert Lammert mit geöffneten Armen am Rednerpult des Deutschen Bundestages. (Foto: dpa)
Parlamentspräsident Norbert Lammert: "Image-Probleme fallen nicht vom Himmel."Bild: picture-alliance/ dpa

Der Präsident des Deutschen Bundestages, Norbert Lammert, hat auch schon Kollegen erlebt, die sich ernsthaft gefragt hätten, "warum sie sich das eigentlich antun?". Andererseits fielen die Vorurteile nicht vom Himmel, räumt der Christdemokrat selbstkritisch ein. Alles, was im Leben vorkommt, komme in der Politik auch vor, warnt Lammert jedoch vor moralisch überhöhten Ansprüchen an die Gilde der Volksvertreter.

Typ Rampensau oder Typ Landesvater?

Vom früheren Außenminister Frank-Walter Steinmeier stammt der Satz, die Politik brauche unterschiedliche Typen: "Die Rampensau, den Nachdenklichen, den eher Bauchgesteuerten und hoffentlich auch den, der mit Augenmaß eine gerade Furche zieht." Auf Matthias Platzeck passt keine dieser Beschreibungen, eher ist der Ministerpräsident Brandenburgs der Typ Landesvater. So kommt er auch in dem Film-Portrait der Bundeszentrale für politische Bildung rüber. Er sei nie jemand gewesen, der sich am Schreibtisch wohler fühlt als draußen.

"Ich gehe lieber zu den Leuten, rede mit ihnen, streite mich auch gerne." Streit sei auch was Schönes, wenn es fair zuginge, meint Platzeck. Seine vielfältigen Kontakte mit der Bevölkerung gäben ihm schon immer das Gefühl, dass man dabei am besten lerne. "Und wenn man dann wieder am Schreibtisch ist, trifft man die Entscheidung nicht losgelöst von dem, was gedacht, gefühlt und gewollt wird", sagt der Ministerpräsident Brandenburgs.

Es gibt auch Politiker ohne Image-Probleme

Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck auf einer Wahlkampf-Veranstaltung 2009. Hinter ihm Anhänger mit rot grundierten Plakaten auf denen das Motto "Matthias Platzeck wählen!" (Foto: AP)
So beliebt wie Matthias Platzeck sind nur wenige Politiker.Bild: AP

Offenbar macht Matthias Platzeck vieles richtig, er verkörpert geradezu das Gegenteil des angeblich nur machtgeilen Politikers. Seit 2002 ist er Regierungschef und wurde zweimal im Amt bestätigt. Viele seiner Berufskollegen beneiden den gebürtigen Potsdamer um seine in Politiker-Kreisen selten zu erlebende Popularität. Ein Erfolgsgeheimnis für ein gutes Image gebe es nicht, letztlich gehe es um die immer gleichen Fragen, meint der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger. Er muss es wissen, schließlich war er selbst mal Senator in Berlin.

Christian Wulff, CDU-Ministerpräsident in Niedersachsen, beschreibt den Lernprozess, an dem scheinbar kein Politiker vorbeikommt, der erfolgreich sein will. Früher habe es im Fernsehen Nachrichtensendungen mit sechs Meldungen à drei Minuten gegeben, heute seien es 30 Meldungen von jeweils 20 Sekunden. Mögen die Zahlen auch ein wenig übertrieben sein, im Kern ist die Beobachtung richtig.

"Ich kann nicht die ganze Welt erklären"

Stolz präsentiert Niedersachsens Ministerpräesident Christian Wulff seine lila-weinrote Krawatte, die ihm 2006 die Auszeichnung "Krawattenmann des Jahres" einbrachte. (Foto: AP)
Auch das gehört zum Image: Christian Wulff als "Krawattenmann des Jahres" 2006.Bild: AP

Um wahrgenommen zu werden mit seiner Position, müsse man auf den Punkt genau formulieren, weiß Wulff aus jahrelanger Erfahrung. "Wenn ich hier in Berlin vorfahre und die ganzen Mikrofone und Kameras da sind, dann weiß ich, dass ich hier jetzt einen Satz prägen kann, aber ich kann nicht die ganze Welt erklären", beschreibt der Spitzenpolitiker seinen Umgang mit den Medien. Alles andere würde ohnehin gelöscht und geschnitten werden.

Wulffs Berufskollegin Luc Jochimsen hat exakt das getan oder verantwortet, was der Ministerpräsident aus Niedersachsen so treffend auf den Punkt bringt. Denn früher war Jochimsen Journalistin und hat es bis zur Chefredakteurin beim Hessischen Rundfunk gebracht. Sie kennt also beide Seiten. Man befinde sich in einer Gesellschaft, in der ohne die mediale Vermittlung überhaupt nichts mehr laufe. "Und insofern ist das Image der Politiker im Allgemeinen fast identisch mit dem, was die Medien daraus machen", sagt Jochimsen.

Mehr Besuche an der Basis

Wie es gelingen könnte, das mediengeprägte Image von Politikern wenigstens ein bisschen selbst zu beeinflussen, darauf hat bislang niemand eine passende Antwort gefunden. Barbara Wackernagel-Jacobs, die Produzentin der Film-Portraits, empfiehlt Politikern regelmäßige Besuche bei der Basis – Schulen, Jugendtreffs, Klubs. "Und zwar ohne Publicity, ohne Presse. Das würde den Dialog in dieser Republik ein bisschen verändern", glaubt sie.

Das sei zwar vielleicht ein "etwas fantastischer Vorschlag", gibt Wackernagel-Jacobs zu. Andererseits weiß sie aus Erfahrung, wie wichtig der Kontakt zu den sogenannten einfachen Leuten jeglichen Alters ist. Sie war selbst mal Ministerin im Saarland.

Autor: Marcel Fürstenau
Redaktion: Silke Wünsch