1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Leere Worte

10. Juli 2008

Dmitrij Medwedjew hat eine neue Kampagne zur Korruptionsbekämpfung angekündigt. Russische Experten meinen, daraus werde nichts: Die Staatsmacht habe ihre diesbezüglichen Versprechen bisher nie gehalten.

https://p.dw.com/p/EZwr
Transparency International legt Zahlen vorBild: DW-TV

Der Kampf gegen Korruption steht schon lange an der Spitze der Reformvorhaben in Russland. Doch tatsächliche Ergebnisse lassen auf sich warten. Jelena Panfilowa vom Moskauer Büro der Organisation Transparency International betrachtet die Strategie zur Korruptionsbekämpfung in Russland mit Skepsis. "Man kann einen Plan erstellen, wenn man sich auf eine gute Prüfung dieser Frage stützen kann und konkrete Aufgaben definiert", so Panfilowa, die hinzufügte: "Aber bei uns hat sich eine seltsame Situation ergeben: Das Land führte keine einzige Studie zum Stand der Korruption durch. Deswegen besteht ein ernstes Problem: Man erstellt einen Plan, ohne eine Strategie erarbeitet zu haben. Und was noch schlimmer ist, man hat kein Diagnose gestellt."

Das Image eines Kämpfers gegen Korruption, das man dem neuen russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew derzeit verleihen wolle, sei keine schlechte Idee, meinen Experten. Jeder neue Staatschef habe das Recht, eine eigene politische Agenda aufzustellen, umso mehr, wenn er Verantwortung übernehme. Allerdings sei die Korruptionsbekämpfung ein Joker, mit dem man in Russland schon öfter nur gespielt habe.

Kritik an Verantwortlichen

Laut einer von Transparency International durchgeführten Studie hat Russland heute den Stand der Korruption der Jahre 1997-1998 erreicht. Mit anderen Worten: die zahlreichen Erklärungen des ehemaligen Präsidenten Wladimir Putin, wonach man gegen diejenigen, die Schmiergelder annähmen, vorgehen würde, sind leere Worte geblieben.

Der Vorsitzende des russischen Anti-Korruptions-Komitees, Kirill Kabanow, meint, diejenigen, die am Scheitern jener Kampagnen Schuld seien, müssten zur Verantwortung gezogen werden. "Herr Bortnikow, Herr Patruschew, Herr Setschin, Herr Iwanow... Ja, auf dieser Liste müssten alle Namen derjenigen stehen, die unmittelbar unter Wladimir Putin für die Korruptionsbekämpfung zuständig waren, angefangen mit Putin selbst", so Kabanow. Er sagte ferner, diejenigen, die über längere Zeit nicht in der Lage gewesen seien, gegen die Korruption anzugehen, hätten zurücktreten müssen. Aber, so Kabanow, kein einziger Staatsdiener, der für Korruptionsbekämpfung verantwortlich gewesen sei, habe seinen Rücktritt eingereicht.

Schlechte Erfolgsaussichten

Die Überzeugung, dass auch neue Anti-Korruptions-Kampagnen keinen Erfolg haben werden, ist durchaus berechtigt. Panfilowa zufolge sind die Beamten auf unterster Staatsebene diejenigen, die am heftigsten auf die Bremse treten. "Vor allem müsste das Programm ein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren vorsehen: zur Ernennung, Funktion, Kontrolle und Rechenschaft, zu den Angaben des Eigentums, aber auch zur Regelung von Interessenkonflikten hochrangiger Staatsdiener", so Panfilowa. Andernfalls werde die Ebene der kleinen und mittleren Beamten die Arena der Anti-Korruptions-Kämpfe bleiben und die Lage insgesamt unverändert.

Schon im Herbst soll es in Russland einen neuen Plan zur Korruptionsbekämpfung geben. Aber bisher hat noch niemand in der Staatsduma die Einführung einer gesetzlichen Finanz-Rechenschaftspflicht für hochrangige Staatsdiener angeregt.

Jegor Winogradow