1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Schlussakt für CETA

30. Oktober 2016

Nach sieben Jahren Verhandlungen, drei Tagen Verspätung und reichlich Wirren soll heute das Freihandelsabkommen CETA besiegelt werden. Einige Politiker fordern nun auch einen Neustart für den umstrittenen TTIP-Pakt.

https://p.dw.com/p/2RtgD
Vorbereitung des EU-Kanada-Gipfels in Brüssel (Foto: picture-alliance/AP Photo/O. Matthys)
Bild: picture-alliance/AP Photo/O. Matthys

Kanadas Premierminister Justin Trudeau will am frühen Nachmittag seine Unterschrift unter den "Umfassenden Wirtschafts- und Handelsvertrag" (CETA) setzen. Für die EU sollen der Ratsvorsitzende Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker das umstrittene europäisch-kanadische Abkommen unterzeichnen.

Kanadas Premier verspätet sich wegen Flugzeugpanne

Allerdings verzögert sich die Besiegelung von CETA um mehr als eine Stunde. Geplant war eigentlich 12 Uhr. Doch Trudeau ist wegen einer Panne seines Flugzeugs verspätet nach Belgien gestartet. Rund 30 Minuten nach dem Start am Samstagabend habe es "technische Probleme" an den Landeklappen gegeben, berichten mehrere Medien. Das Flugzeug sei deshalb nach Ottawa zurückgekehrt. Kurze Zeit später konnte Trudeaus Maschine dann aber tatsächlich nach Brüssel starten.

Ursprünglich sollte der Gipfel bereits am Donnerstag stattfinden, doch scheiterte er zunächst am Widerstand der belgischen Region Wallonie. In Nachverhandlungen wurde dann aber ein Kompromiss erzielt, der am Freitag von den Parlamenten der Wallonie und der Hauptstadtregion Brüssel sowie der Vertretung der französischsprachigen Gemeinschaft abgesegnet wurde. Der Kompromiss sieht unter anderem vor, dass die Belgier Konkurrenz für ihre Landwirte im Notfall über eine Schutzklausel abhalten können. Die EU gab noch am selben Abend grünes Licht, Belgien unterzeichnete als letztes EU-Mitglied am Samstag das Abkommen.

Anti-CETA-Demonstration der Wallonie vor dem Parlamentsgebäude in Belgien (Foto: GettyImages/AFP/N. Lambert)
In ganz Europa protestierten Menschen gegen CETA - hier zuletzt Bürger der WallonieBild: GettyImages/AFP/N. Lambert

Bevor das Abkommen Anfang nächsten Jahres vorläufig und in Teilen in Kraft treten kann, muss allerdings das Europäische Parlament das Werk noch ratifizieren. Eine Mehrheit unter den Europa-Parlamentariern gilt als sicher. Selbst damit dürfte das endgültige Zustandekommen von CETA jedoch nicht langfristig gesichert sein. Denn in den nächsten Jahren muss der Vertrag noch durch nationale Parlamente und einige Regionalparlamente in den EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Als heikler Punkt gelten hier die umstrittenen Schiedsgerichte für den Schutz von Investoren.

Bundesverfassungsgericht prüft Eilanträge von CETA-Gegnern

Kurz vor der Unterzeichnung beschäftigen Eilanträge von CETA-Kritikern erneut das Bundesverfassungsgericht. Eine Sprecherin des höchsten deutschen Gerichts bestätigte am Sonntag in Karlsruhe den Eingang eines Eilantrags der drei Organisationen Campact, Foodwatch und Mehr Demokratie. Am Freitag hatte bereits die Linke einen Eilantrag gegen die vorläufige Anwendung des Freihandelsabkommen eingereicht. Die Anträge würden "mit der gebotenen Eilbedürftigkeit geprüft", sagte die Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts. 

Neustart für TTIP gefordert

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn (Foto: Getty Images/AFP/J. Thys)
Asselborn: EU muss künftig transparenter verhandeln und bitte kein Kompetenzgerangel mehr wie bei CETABild: Getty Images/AFP/J. Thys

Nun werden erste Forderungen laut, mit Blick auf das noch ausstehende Freihandelsabkommen TTIP mit den USA die entsprechenden Lehren aus dem CETA-Verhandlungsdesaster zu ziehen. Mit TTIP soll es nach Meinung von Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn besser laufen. In der Zeitung "Welt am Sonntag" (WamS) forderte Asselborn mehr Transparenz. "Wir haben das TTIP-Mandat erst 2015 veröffentlicht. Man muss sich da nicht wundern, wenn in der Öffentlichkeit Misstrauen entsteht." Daher müsse die Europäische Kommission künftig auf Basis eines Mandats verhandeln, das in einem öffentlichen Prozess erlassen wurde.

Auch sollten Kompetenzen von Anfang an klar gestellt werden. "Wir müssen das Ziel aufgeben, allumfassende Abkommen abzuschließen", forderte Asselborn. "Künftig muss klar sein, welche Teile in europäische Kompetenz fallen und über welche Teile die nationalen Parlamente entscheiden." Die gegenwärtige Vermischung sei schädlich.

Der europäisch-kanadische Handelspakt CETA soll Zölle und andere Hemmnisse abbauen und so Handel und Wirtschaft beflügeln. Kritiker fürchten hingegen sinkende Umwelt- oder Verbraucherschutzstandards.

vk/ml (afp, rtr, dpa)