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"Schmarrn": Zuhaus nur noch deutsch sprechen

8. Dezember 2014

Mit der Forderung, dass Zuwanderer zuhause deutsch sprechen sollen, hat die CSU übers Wochenende die Republik gegen sich aufgebracht. Nur der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach greift ihr vorsichtig unter die Arme.

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fröhliche Kinder unterschiedlicher Ethnie (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

In dem Antrag der CSU gehe es "erkennbar nicht um die Einführung einer Rechtspflicht, zu Hause deutsch zu sprechen, das entscheidet ohnehin jede Familie individuell", sagte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses der "Passauer Neuen Presse". Vielmehr wolle die CSU die Bedeutung von Sprachkenntnissen für eine erfolgreiche Integration, insbesondere von Kindern betonen, führte Bosbach aus.

Wer in Deutschland leben will, soll deutsch sprechen

Der CSU-Vorstand will einen Leitantrag zum Thema Migration verabschieden, der auf dem Parteitag am kommenden Wochenende beschlossen werden soll. In dem von vielen Medien zitierten Antrag heißt es in der umstrittenen Passage: "Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen." Wie diese Forderung realisiert werden soll, werde in dem Entwurf indes nicht spezifiziert.

Die Reaktionen auf die migrationspolitische Steilvorlage der Konservativen kamen prompt. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte : "Der Vorschlag eignet sich für den Satiregipfel." Seine Partei-Generalsekretärin Yasmin Fahimi ergänzte, die CSU wolle offenbar zur neuen Verbotspartei werden: "Nach der Ausländermaut jetzt das Sprachverbot." Der Staat habe sich völlig herauszuhalten, welche Sprache in den eigenen vier Wänden gesprochen werde, betonte Fahimi. Wichtig sei, die deutsche Sprache zu erlernen: "Wer zweisprachig aufwächst, hat enormen Vorteil."

Seltsames Freiheitsverständnis

Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, erklärte: "Jetzt ist die CSU narrisch geworden." Dabei hatten die Grünen einen ähnlich lautstarken Protest ausgelöst, als sie im Wahlkampf 2013 forderten, einen fleischfreien, so genannten Veggieday einzuführen. Auch ihnen war damals, das Etikett der Verbotspartei angehängt worden - vor allem von den Konservativen. Grünen-Chef Cem Özdemir legte denn auch nach: "Das Freiheitsverständnis der CSU in ihrer neuen Rolle als Sprachpolizei ist atemberaubend."

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl erklärte indes auch: "Mein Verständnis von christdemokratischer Politik ist, dass wir uns zu dem, was in den vier Wänden einer Familie passiert, in äußerster Zurückhaltung üben", sagte er. "Privat bleibt privat." Und auch innerhalb der CSU regte sich vereinzelter, aber dafür umso heftigerer Widerstand. Der Integrationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung und CSU-Landtagsabgeordnete Martin Neumeyer sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Das ist ein Schmarrn! Machen wir dann demnächst die Videoüberwachung in den Küchen?"

uh/cr (dpa,afp)