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Schröder inszeniert sich und seine Memoiren

Monika Dittrich27. Oktober 2006

Eigentlich haben wir ihn nicht vermisst. Jetzt ist Gerhard Schröder trotzdem wieder da. Der Ex-Kanzler poltert zurück auf die Bühne und präsentiert 544 Seiten Biografie. Es ist, als wäre er kaum richtig weg gewesen.

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Er ist schelmisch und selbstbewusst wie eh und je. Die Journalisten laufen in Scharen zu ihm. Sie saugen das joviale Grinsen des ehemaligen Macho-Kanzlers demütig auf und lassen sich die polternden Sprüche des Debüt-Autors in die Blöcke diktieren. Schröder kann sich freuen: Die Werbe- und Verkaufsmaschinerie läuft wie geschmiert, vor allem dank tatkräftiger Hilfe der Boulevard-Zeitung BILD und des Nachrichtenmagazins Spiegel, die Schröders Erinnerungen im Vorabdruck brachten. Eines muss man ihm also lassen: Gerhard Schröder ist ein tüchtiger Geschäftsmann und ein ausgefuchster Medienprofi. Eine Rampensau eben. Aber ist er auch ein guter Autor?

Langweilige Lektüre …

In seinem Buch lässt er sieben rot-grüne Jahre Revue passieren, er schreibt über schlaflose Nächte im Kanzleramt und schwierige Entscheidungen eines Regierungschefs. Er lässt sich länglich über Rivalen und Weggefährten aus, und hie und da ist sogar ein selbstkritisches Wörtchen zu lesen. Wenn es nur nicht so langweilig zu lesen wäre! Und etwas wirklich Neues erfährt man leider auch nicht.

… die sich blendend verkauft

Die Startauflage von 160.000 Exemplaren wird trotzdem weggehen wie warme Semmeln. Man wird es kaufen oder zu Weihnachten verschenken und dann jungfräulich ins Regal zu den anderen Kanzler-Biografien stellen. Wer das Buch tatsächlich lesen sollte, der merkt schnell, worum es Schröder geht: Er wollte die Deutungshoheit über seine Zeit als Kanzler behalten. Er wollte so schnell wie möglich das richtige Licht auf seine Amtszeit lenken, wollte glatt bügeln, verharmlosen, dramatisieren. Denn der Mann weiß, dass sein Abgang eher peinlich war und seine Regierungsbilanz blass aussieht. Und er wird sehen, dass die Menschen in Deutschland mit Angela Merkel zufriedener sind als er es prophezeit hatte. Zwei Drittel der Deutschen finden einer neuen Umfrage zufolge, dass Merkel einen besseren Job im Kanzleramt macht als ihr Vorgänger. Ja lieber Gerd, das tut weh, oder?

Dieses Bild will Schröder so aber nicht stehen lassen, schließlich möchte er im Geschichtsbuch als ein großer Kanzler stehen. Ob ihm seine Memoiren dabei helfen werden? Letzten Endes müssen die Historiker über Schröders Leistungen als Kanzler entscheiden. Als Autor jedenfalls hat Gerhard Schröder nur Mittelmaß produziert.