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G20 Gipfelabschluss

4. November 2011

Mit Empfehlungen für eine bessere Kontrolle der Finanzmärkte und eine Stärkung der Schwellenländer ist in Cannes der G20-Gipfel zu Ende gegangen. Überschattet wurde er von der Schuldenkrise im Euroraum.

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Cannes G20 Gipfel Frankreich Gruppenbild (Foto: dapd)
Krise hin oder her - das traditionelle Gruppenbild gehört auch in Cannes dazuBild: dapd

Die Unsicherheiten in der Euro-Zone und die Situation in Griechenland lagen wie ein dunkler Schatten über diesem G20-Gipfel. Eine Krisensitzung jagte die andere, um die mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und den globalen Partnern abgestimmte Antwort der Euro-Spitzen auf die griechische Herausforderung zu formulieren.

Griechische Tragödie

Griechenland wurde massiv unter Druck gesetzt und muss jetzt auf frisches Geld aus dem europäischen Rettungsschirm warten, bis es zu einem klaren Bekenntnis zu den Brüsseler Sparauflagen kommt. Das deutsch-franzöische Tandem Angela Merkel und Nicolas Sarkozy hat mit seinem Donnerwetter für Griechenlands Ministerpräsidenten Giorgios Papandreou Führungsstärke bewiesen und hat dafür auch Lob und Anerkennung von seinen globalen Partnern in der G20 erhalten. So zeigte sich etwa US-Präsident Barack Obama überzeugt davon, dass die Europäer ihre Schuldenkrise bewältigen könnten und sagte ihnen dabei die Unterstützung Amerikas zu. Durch ein hektisches Krisenmanagement konnte eine Blamage im Kreis der G20 angesichts der griechischen Turbulenzen also knapp vermieden werden.

Frankreichs Präsident Sarkozy, Bundeskanzlerin Merkel, US-Präsident Obama und der britische Premier Cameron (Foto: dapd)
Hektische Beratungen: Frankreichs Präsident Sarkozy, Bundeskanzlerin Merkel, US-Präsident Obama und der britische Premier Cameron (v. l.)Bild: dapd

Mit resoluter Entschlossenheit stemmte sich der G20-Gipfel gegen ein Übergreifen der Finanzkrise auf andere überschuldete Eurostaaten wie Italien. Das Land muss sich künftig einer Kontrolle durch den IWF unterziehen. Bundeskanzlerin Merkel sagte dazu, es sei von der G20 "immer wieder darauf hingewiesen worden, dass Vertrauen das Allerwichtigste ist. Und deshalb ist auch die Nachricht, dass Italien bereit ist, beim Monitoring die EU-Kommission und den IWF einzubeziehen, von allergrößter Bedeutung."

Außerdem hat sich Italien während des Gipfels verpflichtet, bis 2013 einen "nahezu ausgeglichenen" Staatshaushalt vorzulegen. Der IWF wird zudem kurzfristige Liquiditätskredite zur Verfügung stellen, um überschuldete Länder vorbeugend vor der Ansteckung durch Finanzkrisen zu schützen.

Schwellenländer mit mehr Verantwortung

Russlands Dimitri Medwedew und Chinas Hu Jintao am Rande des Cannes Gipfels
Russlands Präsidnet Medwedew und Chinas Staatschef HuBild: dapd

Deutlich gestärkt gehen die Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien aus diesem Gipfel hervor. Die G20 wollen mittelfristig ein Währungssystem schaffen, das das Gewicht dieser Staaten besser widerspiegelt.

"Wir sehen, dass es eine Weiterentwicklung des internationalen Währungssystems gibt, bei dem künftig mehr Währungen eine Rolle spielen werden", erklärte Bundeskanzlerin Merkel in Cannes. Das nimmt andererseits China in die Pflicht, seine Währungspolitik flexibler zu gestalten.

Schärfere Regulierung der Finanzmärkte

Gebäude der Deutschen Bank (Foto: dpa)
Auch die Deutsche Bank wird schärfer kontrolliertBild: picture alliance/dpa

Bei der angestrebten verschärften Kontrolle der Finanzmärkte erging der Auftrag an die G20-Finanzminister, bis zum Frühjahr einen Plan für eine verbesserte Kontrolle sogenannter Schattenbanken zu entwickeln. Dazu gehören auch die Geschäfte von Hedgefonds, die künftig wie richtige Banken beaufsichtigt werden sollen. Auf mehr Kontrollen müssen sich die großen Banken dieser Welt einstellen. Unmittelbar nach dem Gipfel soll eine Liste von 29 systemrelevanten Banken vorgelegt werden, darunter auch die Deutsche Bank und die Commerzbank, die im Falle einer möglichen Pleite künftig nach Aussage der Bundeskanzlerin "so umstrukturiert werden sollen, dass in Zukunft der Steuerzahler nicht mehr dafür eintreten muss". Merkel bezeichnete dies in ihrer Abschlusserklärung als großen Gewinn.

Enttäuschung bei Entwicklungshilfeorganisationen

Auch die Spekulation mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen soll künftig begrenzt werden. So sollen sogenannte Positionslimits bei Spekulationsgeschäften auf globaler Ebene eingerichtet werden. Sie sollen verhindern, dass über künstlich aufgeblähte Geschäftsvolumen bedrohliche Preisspiralen bei Nahrungsmitteln entstehen. In Westafrika will die G20 ein Pilotprojekt zur Anlegung von Nahrungsmittelreserven unterstützen, mit dem künftig Hungerkrisen besser vorgebeugt werden soll. Vertreter von Hilfsorganisationen zeigten sich vom Gipfel dennoch enttäuscht. "Es gab nur kleine Fortschritte", so Jörg Kalinski von Oxfam, "aber der entscheidende Schlag gegen die exzessive Spekulation mit Nahrungsmitteln ist noch nicht geführt worden." Kaum Fortschritte gab es auch bei der Einführung einer globalen Finanztransaktionssteuer, die vor allem auf der deutsch-französischen Wunschliste gestanden hatte. Immerhin soll auf amerikanischen Vorschlag geprüft werden, wie auch die Banken durch eine Abgabe auf bestehende Verbindlichkeiten an der globalen Finanzkrise beteiligt werden könnten.

Autor: Daniel Scheschkewitz, zurzeit Cannes
Redaktion: Henrik Böhme