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Schwarz arbeiten immer die anderen

30. März 2017

Haushaltshilfen in Deutschland arbeiten meist schwarz. Fast jeder Dritte im Land kennt solche Fälle, aber nur zwei Prozent sagen, sie hätten selbst schon mal schwarz gearbeitet. Das zeigt ein neuer Report.

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Symbolbild Hausarbeit
Bild: picture-alliance/dpa

Von den Haushaltshilfen, die in Deutschland von Privatleuten beschäftigt werden, arbeiten zwischen 75 und 83 Prozent schwarz. Berechnet hat das das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. "Wir erleben häufig eine Art Doppelmoral", sagte IW-Experte Dominik Enste. Die Bürger würden Politiker oder Firmen kritisieren, weil die zu wenig gegen Schwarzarbeit tun oder zu viele unsichere Jobs anbieten würden. "Aber sie finden es im eigenen Haushalt völlig selbstverständlich, der Haushaltshilfe keinen bezahlten Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu gewähren."

Fast ein Fünftel aller Schwarzarbeit, das zeigen Umfragen, passiert im Haushalt. Schwarzarbeit nennt man Beschäftigung, die zumeist in bar bezahlt wird, ohne Rechnung und an der Steuer vorbei. Weit verbreitet ist sie vor allem im Baugewerbe und im Handwerk, gefolgt von der Gastronomie - erst danach folgen vom Wert her sogenannte haushaltsnahe Dienstleistungen. Die werden nämlich meist noch schlechter bezahlt als die Arbeit für Firmen.

Deutschland Baustelle Schwarzarbeit
Schwarzarbeit - vor allem am Bau weit verbreitet. Bild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger

Milliarden von der Schattenwirtschaft

Der Wert der Schwarzarbeit in der sogenannten Schattenwirtschaft geht allerdings insgesamt in Deutschland etwas zurück. In der Schattenwirtschaft werden in diesem Jahr Leistungen im Wert von geschätzt 330 Milliarden Euro erbracht, sechs Milliarden weniger als 2016. Das zeigt eine Analyse des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) und der Universität Linz.

Der Anteil der Schattenwirtschaft an der gesamten Wirtschaftsleistung dürfte danach im laufenden Jahr das achte Mal in Folge sinken. Deutschland liegt im internationalen Vergleich im Mittelfeld. Im Vergleich zu den USA oder der Schweiz ist es offenbar in Deutschland attraktiver, schwarz zu arbeiten. Die Forscher erklären das mit der Vielzahl von Regeln für die Beschäftigung von Personal, darunter auch den in Deutschland geltenden Mindestlohn und den Kündigungsschutz.

Steuergerechtigkeit?

Gewerkschaftsvertreter widersprechen dem. Alle Studien zur Schwarzarbeit seien mit Vorsicht zu genießen, so der Chefökonom der Dienstleintungsgewerkschaft Verdi, Dierk Hirschel. Der Ökonom räumt aber ein, dass in Deutschland die Schwarzarbeit zurück geht. Das liege aber gerade an Faktoren wie dem Mindestlohn: "Viele Menschen können von ihrem Lohn jetzt wieder leben", so Hirschel.

Eine ganz eigene Erklärung für den hohen Anteil von Schwarzarbeit im Haushalt bieten die Forscher vom Institut der deutschen Wirtschaft - eine Art ausgleichender Steuergerechtigkeit: "Während einige Reiche ihre Vermögen, um Steuern zu sparen, nach Luxemburg verlagern, versuchen die 'kleinen Leute' das mit Hilfe von Schwarzarbeit."   

Deutschland Großrazzia am Frankfurter Flughafen
Aktion zur Bekämpfung von Schwarzarbeit in FrankfurtBild: Reuters/R. Orlowski

"Niedrige Kontrolldichte"

Dabei gehe es allerdings in der Summe um eine Menge Geld – nicht zuletzt wegen fehlender Steuereinnahmen: "Der gesamte fiskalische Schaden beträgt je nach Schätzung zwischen 10,92 Milliarden Euro und 28,6 Milliarden Euro", heißt es in dem IW-Bericht. Damit nicht genug: Bei einer erfolgreichen Bekämpfung der Schwarzarbeit könnten zwischen 420 000 und 1,1 Millionen zusätzliche, reguläre Vollzeitjobs geschaffen werden.

Für den Einsatz gegen die Schwarzarbeit fehlt aber ausreichend Personal, beklagen Politiker der Grünen. Sie sprechen von "zu niedriger Kontrolldichte". 6.700 Zöllner gehen in ganz Deutschland gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung vor. Zu Jahresbeginn waren bei der entsprechenden Kontrollbehörde fast 800 Stellen unbesetzt. Die Gewerkschaft IG Bau findet ohnehin, nötig seien eigentlich 10.000 Kontrolleure. Und in privaten Haushalten lässt sich die Schwarzarbeit ohnehin kaum kontrollieren: Die Gefahr, dabei entdeckt zu werden, liegt bei weniger als eins zu tausend.

ar/wen (dpa)