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BKA-Gesetz verabschiedet

Marcel Fürstenau12. November 2008

Das Bundeskriminalamt kann in Deutschland bald PCs ausspähen und Wohnungen per Video überwachen. Der Bundestag hat das BKA-Gesetz mit großer Mehrheit verabschiedet. Die Opposition will dagegen klagen.

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Ein Mann geht am Mittwoch, 12. Nov. 2008, in Berlin hinter einem Transparent des Arbeitskreises gegen Vorratsdatenspeicherung vorbei, auf dem Bundesinnenminister Wolfgang Schaeuble zu sehen ist und "Big Schaeuble is watching you" geschrieben steht(Quelle: AP)
Wolfgang Schäuble kann sich freuen: Seine Pläne wurden abgesegnet. Vor der Bundestags-Sitzung wurde demonstriertBild: AP

Das Bundeskriminalamt kann künftig aus dem Vollen schöpfen, wenn es auf Terroristen-Jagd geht. Besonders umstritten ist die so genannte Online-Durchsuchung, bei der heimlich Computer ausgespäht werden dürfen. Allerdings bei konkreter Gefahr oder schwersten Straftaten. Diese Grenze hat das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatz-Urteil gezogen. Damit BKA-Fahnder zur Tat schreiten können, muss laut Gesetz die Genehmigung eines Richters vorliegen.

Die Lauschenden, eine Bronzeskulptur von Karl-Henning Seemann, stehen am Dienstag, 26. Februar 2008 an der Aussenwand der Musikhochschule in Freiburg (Quelle: AP)
Der Staat hört bei Terrorgefahr demnächst mitBild: AP

Allein diese Befugnis geht den Kritikern innerhalb und außerhalb des Parlaments viel zu weit. Noch vor dem Beginn der letzten Lesung im Bundestag demonstrierten Oppositions-Politiker mit Plakaten und Transparenten vor dem Reichstags-Gebäude gegen das von Innenminister Wolfgang Schäuble forcierte BKA-Gesetz. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth fühlte sich an einen, wie sie sagte "alten Satz" erinnert: "Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht." Das Gesetz sei ein Frontal-Angriff auf die demokratische Sicherheits-Architektur. "Es ist ein Frontal-Angriff auf die Grundrechte. Es ist ein Frontal-Angriff und ein Bürgerrechts-Killer. Anders kann man es nicht bezeichnen."

Schäuble: Wirksamer Anti-Terror-Schutz

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hält dagegen. Es gehe darum, rechtzeitig von Attentats-Plänen Kenntnis zu erlangen. Deutschland befinde sich im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus, betont der Christdemokrat schon seit langem: "Gegen Selbstmord-Attentäter zum Beispiel hilft die Straf-Verfolgung relativ wenig. Deswegen müssen wir versuchen, Straftaten, schwere Straftaten zu verhindern. Das ist polizeilicher Auftrag."

Selbst Ex-BND-Chef hat Bedenken

Um die Gefahren besser abwehren zu können, soll das BKA künftig auch Wohnungen optisch und akustisch überwachen dürfen. Vor allem aber die Online-Durchsuchung hält der frühere Präsident des Bundesnachrichten-Dienstes, Hans-Jörg Geiger, für unzulässig. Seine Bedenken hat Geiger in einer Anhörung des Bundestags-Innenausschusses geäußert: Die Privatwohnung müsse der Raum bleiben, in den der Einzelne sich zurückziehen kann, in dem er ein Recht auf Einsamkeit besitzt, so Geiger. "In diesem Raum muss der Einzelne frei von Beobachtung tun lassen können, was ihm beliebt. Ohne befürchten zu müssen, dass staatliche Stellen sein Verhalten überwachen."

Gregor Gysi, Fraktions-Vorsitzender der Linken und von Beruf Rechtsanwalt, stört sich auch an der seines Erachtens fehlenden Kontrolle. Laut Gesetz sollen BKA-Beamte und ein Datenschützer der Behörde garantieren, dass kein Missbrauch mit privaten Daten erfolgt, die bei heimlichen Computer-Durchsuchungen gesammelt werden. Ein Unding, meint Gysi: "Das BKA wird nicht von außen, nicht vom Gericht kontrolliert, sondern macht das selbst. Das ist nicht rechtsstaatlich. Rechtsstaatlich ist, dass ein Richter das prüft."

BKA = FBI?

Die Gegner des BKA-Gesetzes werfen der Bundesregierung und den Abgeordneten von Union und SPD vor, aus dem BKA eine Super-Behörde nach dem Vorbild des US-amerikanischen FBI zu machen. Ein Vorwurf, den BKA-Präsident Jörg Ziercke für unbegründet hält: "Das BKA ist eine Polizei-Behörde und bleibt dies auch bei der Gefahren-Abwehr. Wir bleiben nämlich dem Richter-Vorbehalt auch bei der Gefahren-Abwehr verpflichtet."

Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Denn laut Gesetz soll in dringenden Fällen der BKA-Präsident die Online-Durchsuchung ohne vorherige Genehmigung durch einen Richter anordnen dürfen. Das letzte Wort über BKA-Gesetz dürfte noch nicht gesprochen sein. Grüne, Liberale und wahrscheinlich auch Linke wollen vor dem Bundesverfassungsgericht Klage einreichen.