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Schweden und das "Nej" zum Euro

16. September 2003

Die Mehrheit der Schweden hat sich in einem Referendum gegen die Einführung des Euro ausgesprochen. Nun werden die Folgen der Entscheidung diskutiert.

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Schweden bleibt wie Großbritannien und Dänemark (zunächst) außerhalb der Euro-Zone

Schwedens Ministerpräsident Göran Persson will auch nach der unerwartet klaren Niederlage beim Euro-Referendum weiterregieren. Das bestätigte der Sozialdemokrat am
Montag (15.9.2003) in Stockholm, nachdem die Beitrittsgegner mit 56,1 Prozent Nein-Stimmen gegenüber 41,8 Prozent Ja-Stimmen deutlich gewonnen hatten. Persson nannte das Ergebnis "eine Tragödie für Schweden".

EU-Kommissionspräsident Romano Prodi bezeichnete das schwedische Nein als "überraschend klar". Prodi sagte dem schwedischen TV-Sender SVT: "Ich war auf ein Nein vorbereitet, aber nicht in diesem Ausmaß." Die Ursachen müssten nun analysiert werden.

Bundeskanzler Gerhard Schröder bedauerte das Nein. "Ein
schwedischer Beitritt wäre langfristig sowohl für Europa als auch für Schweden wirtschaftlich und politisch von Vorteil", erklärte Schröder am Sonntag (14.9.2003) in Berlin. Ohne die gemeinsame Währung könnten die wirtschaftlichen Potenziale des Binnenmarkts nicht ausgeschöpft werden.

Kaum Auswirkungen auf Euroland

Ein Ja aus Schweden wäre besser für Euroland gewesen, also die 12 EU-Staaten, die den Euro bereits als Gemeinschaftswährung haben. Er sei aber zuversichtlich, dass Schweden am Euro-Projekt festhalten werde, sagte der Währungskommissar der Union, Pedro Solbes, in einer nächtlichen Pressekonferenz in Brüssel, zu der er telefonisch zugeschaltet war. Der Spanier Solbes hofft, dass Schweden nicht - wie das vertraglich möglich wäre - den Euro für immer abschreibt. Es gebe, darauf wies der EU-Kommissar mehrmals hin, kein festes Datum, zu dem Schweden oder andere Länder beitreten müssten. Solbes rief die Schweden auf, nicht endgültig auszusteigen.

Negative Auswirkungen auf die zehn Länder, die 2004 der Europäischen Union beitreten werden, befürchtet EU-Kommissar Solbes nicht. Es sei heute viel zu früh, zu sagen, wann welches Beitritts-Land für eine Euro-Einführung in Frage komme. Zunächst müssten eine ganze Reihe von wirtschaftlichen und finanzpolitischen Kriterien erfüllt werden: eine niedrige Inflationsrate, stabile Wechselkurse und eine Staatsverschuldung unter 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Pedro Solbes wies die auch vom schwedischen Ministerpräsidenten Goran Persson geäußerte Kritik zurück, der Streit um den Stabilitätspakt habe den Euro in Schweden scheitern lassen. Solbes sagte, nicht der Euro sei in Frankreich und Deutschland das Problem, sondern die finanziellen Folgelasten aus der deutschen Einheit und der Mangel an tiefgreifenden Strukturreformen. Die zu hohe Verschuldung sei nicht Folge der Gemeinschaftswährung, sondern der Finanzpolitik.

Märkte reagieren gelassen

Finanzmärkte und Analysten haben gelassen auf das klare Nein der Schweden zum Euro reagiert. Die Gemeinschaftswährung notierte am Montag praktisch unverändert zum Dollar bei 1,1273 (minus 0,12 Prozent). Währungsexperten betonten, das Ergebnis sei erwartet worden und habe deshalb auch keine größeren Auswirkungen auf die Devisenmärkte.

Einen Imageschaden, so waren sich die meisten einig, habe der Euro nicht davongetragen. Zudem macht die schwedische Wirtschaftsleistung nur dreieinhalb Prozent des EU-weiten Bruttoinlandsprodukts aus, ihr Einfluss ist also gering.

Presseschau

"Die Wähler trotzten der Elite", kommentierte Schwedens größte Zeitung, das sozialdemokratische "Aftonbladet". "Der Erdrutschsieg für die Nein-Seite zeigt ein totales Misstrauen zwischen Wählern und Gewählten."

Viele europäische Zeitungen sehen im schwedischen "Nein" zur Einführung des Euros auch negative Auswirkungen für die gesamte EU.

Für den "Standard" in Wien ist "das klare Misstrauensvotum der Schweden für die gesamte EU ein Rückschlag". "El Pais" in Madrid schreibt: "Der Erfolg der schwedischen Rebellion verheißt weitere Schwierigkeiten bei der europäischen Integration." Die Londoner "Financial Times" bemerkt: "Die Eurozone muss noch viel erfolgreicher und attraktiver werden, wenn sie die Wähler außerhalb der Zone von ihren Vorteilen überzeugen will." "Le Figaro" aus Paris meint, dass die schwedische Abstimmung aufs Neue den Graben zeige, "der die Bürger von den politischen und intellektuellen Eliten trennt, wenn es darum geht, Elemente der Souveränität zu Gunsten der europäischen Gemeinschaften aufzugeben". (kas)