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Schwellenländer auf dem Vormarsch

28. Juli 2011

Erstmals konnten die Entwicklungs- und Schwellenländer über die Hälfte aller Auslandsinvestitionen anziehen. Dabei sind deutsche Unternehmen besonders aktiv. Nur US-Firmen investieren noch mehr Geld im Ausland.

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Baggerschaufel (Foto: BilderBox)
Der Investor kommt...Bild: BilderBox

Die Entwicklungs- und Schwellenländer werden für Investoren immer attraktiver. Das geht aus dem Weltinvestitionsbericht hervor, der am Dienstag (26.07.2011) in mehreren Hauptstädten vorgestellt wurde. 650 Milliarden US-Dollar ausländische Investitionen verbuchten sie 2010, das waren erstmals mehr, als die Industrieländer anzogen. "Das hat es bisher noch nicht gegeben, da sehen Sie also deutlich die Akzentverschiebung, was das wirtschaftliche Potential anbelangt", erklärte UNCTAD-Vertreter Joachim Karl bei der Präsentation des Bericht in Berlin.

Allerdings sind die Zuflüsse innerhalb der Entwicklungsländer sehr ungleich verteilt. Während Südostasien und Lateinamerika dank ihrer boomenden Wirtschaftsmächte China, Indien und Brasilien von ausländischem Kapital profitieren, ist vor allem Afrika der Verlierer. 2010 flossen dorthin nur noch 55 Milliarden US-Dollar, fünf Milliarden weniger als im Vorjahr. Aber auch bei den sogenannten Least Developed Countries, den am wenigsten entwickelten Staaten unter den Entwicklungsländern sähe "es gar nicht gut aus", so UNCTAD-Ökonom Karl.

Shanghai World Financial Center (Foto: dpa)
Ausdruck des Booms: Das World Financial Center in ShanghaiBild: picture-alliance/ dpa

Auftragsproduktionen als Chance

Die großen Schwellenländer hingegen werden nicht nur als Empfänger, sondern auch als Investoren immer aktiver: Hier stieg ihr Anteil weltweit auf 30 Prozent.

Als wichtigen Trend weist der Weltinvestitionsbericht der UNCTAD die kräftige Zunahme von sogenannten "Non-Equitiy Modes" (NEMs) aus. Dabei lassen vor allem Unternehmen aus Industriestaaten in Entwicklungsländern produzieren, ohne eigenes Kapital einzusetzen. Dabei handelt es sich vor allem um Autozubehör, Elektronikteile, Textilien, Schuhe oder Agrargüter. Solche Auftragsproduktionen beschäftigen rund 15 Millionen Menschen und erreichen mittlerweile einen Umsatz von zwei Billionen US-Dollar jährlich. Während beispielsweise die Elektronikindustrie von 2005 bis 2009 ein Wachstum von durchschnittlich zwei Prozent verzeichnete, boomte der NEM-Sektor innerhalb der Branche um 16 bis 17 Prozent. Hier sieht die UNCTAD Chancen für Entwicklungsländer auf Wertschöpfung, Beschäftigung und Wissenstransfer - wohl wissend um die negativen Begleiterscheinungen.

Foxconn-Arbeiter im Werk Shenzen (Foto: AP)
Knochenjob: Foxconn-Arbeiter im Werk ShenzenBild: AP

"Die Arbeitsumstände, die bei den Auftragsfertigern herrschen, geben manchmal Anlass zu Besorgnis", formulierte der UNCTAD-Vertreter vorsichtig, verwies aber immerhin auf den Fall von Foxconn, dem weltweit größten Zulieferer der Elektronikbranche mit Kunden wie Apple, Sony und Hewlett-Packard. Foxconn hatte in jüngster Zeit durch eine Selbstmordserie von Mitarbeitern Schlagzeilen gemacht. Angestellte klagten über unerträgliche Arbeitsbedingungen, was die Firmenleitung zunächst bestritten hatte. In der Folge der Selbstmorde wurden die Löhne der Angestellten um rund 70 Prozent erhöht.

2013 könnte Vorkrisenniveau erreicht werden

Weltweit wurde 2010 mit 1,24 Billionen US-Dollar etwas mehr als 2009 investiert, doch die Erholung gehe langsam vor sich, erklärte Joachim Karl: "Wenn es einigermaßen gut läuft, dann gehen wir davon aus, dass die Erholung an Fahrt gewinnt und wir im Jahr 2013 ungefähr wieder das Niveau erreichen, das wir vor der Krise mit knapp zwei Billionen US-Dollar erreicht hatten."

Deutschland konnte 2010 als einzige der großen europäischen Volkswirtschaften Zugewinne verbuchen: Als Investitionsstandort lag Deutschland weltweit auf dem fünften, als Investor sogar erstmals auf dem zweiten Platz hinter den USA. Die wichtigsten deutschen Global Player waren im Finanzsektor erneut Allianz, Deutsche Bank und Commerzbank, bei Industrie und Dienstleistungen rangieren Siemens, die Deutsche Post und Volkswagen vorn.

Autor: Bernd Grässler
Redaktion: Henrik Böhme