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Schwere Aufgaben

Alexandra Scherle / Ivica Petrovic27. Juli 2012

Die neue serbische Regierung wird vor allem aus den alten politischen Kräften gebildet, die in den 1990er Jahren an der Macht waren. Ihre Aufgaben sind gewaltig: Das Land steht kurz vor dem Staatsbankrott.

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Porträt des Premiers Ivica Dacic vor dem serbischen Parlament (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Der neue Ministerpräsident Ivica Dacic betonte in seiner Antrittsrede vor dem Parlament in Belgrad, dass die Gehälter und Renten trotz der sehr schwierigen ökonomischen Situation nicht eingefroren werden sollen. Dieses Versprechen einzuhalten und die schwierige wirtschaftliche Lage in den Griff zu bekommen, ist eine Mammutaufgabe für die neue Regierung. Der neue Minister für Wirtschaft und Finanzen, Mladjan Dinkic, hofft auf Kredite vom Internationalen Währungsfonds (IWF).

Ehemalige Verbündete Milosevics an der Macht

Die stärksten Parteien in der Regierung sind die Serbische Fortschrittspartei (SNS) und die Sozialistische Partei. In den 1990er Jahren hatten die Sozialisten und die Vorgängerpartei der SNS die nationalistische Kriegspolitik des damaligen Machthabers Slobodan Milosevic unterstützt. Der neue Regierungschef Ivica Dacic war in den 1990er Jahren der Sprecher Milosevics. Inzwischen haben beide Parteien wiederholt erklärt, sie hätten der nationalistischen Politik abgeschworen. In seiner Antrittsrede zeigte sich Dacic versöhnlich. Auf dem Balkan sei genug Blut geflossen: "Wir sollten uns der Zukunft zuwenden und die Vergangenheit ruhen lassen."

Slobodan Milosevic während des Prozesses vor dem Kriegsverbrechertribunal zwischen zwei Sicherheitsbeamten (Foto: dpa)
Slobodan Milosevic musste sich vor dem Kriegsverbrechertribunal verantwortenBild: picture-alliance/dpa/dpaweb

Die Zukunft sieht auch er in Europa. Serbien hat seit März den offiziellen Status eines EU-Beitrittskandidaten und Dacic hat auch in seiner Antrittsrede versichert, die weitere Annäherung an die EU stehe ganz oben auf seiner Prioritätenliste. Gleichzeitig schließt er eine Anerkennung der Unabhänigkeit der früheren serbischen Provinz Kosovo aus.

Nach seiner Antrittsrede warfen ihm einige seiner politischen Gegner trotzdem vor, er würde das Land zurück in die kriegerischen 90er Jahre führen. Ähnliche Vorwürfe hatte es bereits im Wahlkampf gegeben. "Die Akteure denken zurzeit nur an ihre Karriere, an ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen", kritisiert der Belgrader Politik-Experte Milan Nikolic. "Sie denken sehr wenig darüber nach, was sie tatsächlich zu tun haben. Ob sie sich im neuen Amt bewähren, ist noch offen. Derzeit dominiert eine unermessliche Gier nach Macht."

Bekannte Gesichter in der Regierung

Die Regierung besteht aus bekannten Gesichtern, aus Politikern, die schon in mindestens einer der vorherigen Regierungen an der Macht waren. "Es wäre gut, neue Leute in diese Ämter zu holen, aber diese hätten es sehr schwer, weil sie die Machtverhältnisse nicht so gut verstehen", sagt Djordje Vukovic vom unabhängigen Wahlbeobachtungs-Institut CESID. "Wir konnten wiederholt beobachten, dass unabhängige Minister versuchen, etwas mit Sachverstand zu klären. Dafür wurden sie dann in der Öffentlichkeit von den politischen Gegnern an den Pranger gestellt, weil sie nicht mit dem bürokratischen Staatsapparat fertig werden."

Porträt des serbischen Premiers Ivica Dacic (Foto: Reuters)
Ivica Dacic: "Auf dem Balkan ist genug Blut geflossen"Bild: AP

Neben den etablierten Politikern gibt es in der neuen Regierung einen wenig bekannten Außenminister, Ivan Mrkic. Zur Zeit Milosevics erledigte er diplomatische Nebenaufgaben in Zypern. Politik-Experten sehen ihn schon heute als eine Schwachstelle der neuen Regierung: "Die Entscheidung für Mrkic als Außenminister ist eine Überraschung, weil er nicht – wie man es von einem relativen Neuling erwarten würde – jung, dynamisch oder weltmännisch ist", sagt Milan Nikolic. "Vielleicht beweist er ja ein verstecktes Talent, aber ich bezweifle, dass er der richtige Mann für diese Aufgabe ist."

Auch den neue Bauminister Velimir Ilic halten manche Beobachter für eine Fehlbesetzung: Seine engsten Mitarbeiter waren in Korruptionsskandale verwickelt, sie müssen sich dafür vor Gericht verantworten. 

Den Kampf gegen die Korruption hat die neue Regierung als zentrales Ziel bezeichnet. Es bleibt offen, wie die neuen Machthaber mit Dutzenden von Oligarchen umgehen werden, die sich während der Kriegsjahre illegal bereichert haben.