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Schwere Brocken im Anflug

Ingo Uhlenbruch12. Oktober 2004

Am Near-Earth Asteroid Tracking-Observatorium (NEAT) suchen US-Forscher nach Asteroiden, die unserem Planeten gefährlich nahe kommen. Die können immerhin einen Kilometer Durchmesser und mehr haben.

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Zielscheibe Erde: Gefahr durch Asteroiden aus dem WeltallBild: AP

Der Weltraum ist langweilig. Nichts regt sich, alles ist dunkel. Doch das Bild trügt. Das Weltall gleicht eher einer Schutthalde, die seit Milliarden von Jahren nicht mehr aufgeräumt wurde. Gesteinsbrocken unterschiedlicher Größe schwirren umher und treffen hin und wieder auf Objekte, die sich ihnen in den Weg stellen. Zu diesen Hindernissen gehört manchmal auch die Erde.

"Das Nördlinger Ries in Deutschland ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass die Erde von Einschlägen nicht verschont bleibt", sagt Axel Quetz vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Vor etwa 15 Millionen Jahren schlug ein Meteorit dort ein, wo heute die süddeutsche Stadt Nördlingen liegt. Aus der Luft sind noch die Kratergrenzen gut zu erkennen.

Klein und unscheinbar

"Derzeit ist zwar kein Himmelskörper bekannt, der uns gefährlich werden könnte, doch zurücklehnen können wir uns deshalb nicht", erklärt Axel Quetz, "viele der großen und hellen Brocken hat man zwar gefunden, aber das Problem sind eher die kleinen Objekte, die kaum zu erkennen sind, erst recht nicht, wenn sie aus Richtung der Sonne kommen."

Asteroid Mathilde
Asteroid Mathilde misst etwa 50 Kilometer im DurchmesserBild: AP

In den USA beobachten Wissenschaftler den Weltraum deshalb ganz genau. Am NEAT-Observatorium erfassen und dokumentieren sie seit 1995 die Bewegungen zahlreicher Himmelsobjekte automatisch mit Teleskopen und Computern. Finanziell getragen wird das Universitätsprojekt von der US-Raumfahrtbehörde NASA. Die bisherigen Erfolge können sich sehen lassen.

Erfolgsquote

"In den USA hat man sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2008 mindestens 90 Prozent der besonders großen Objekte aufzuspüren", sagt der Astronom Gerhard Hahn vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR): "Diese Objekte haben mehr als einen Kilometer Durchmesser und können bei einem Aufprall auf die Erde schwere globale Katastrophen verursachen." Nach Schätzungen rasen etwa 1000 Exemplare durch das All, entdeckt wurden bislang rund 700.

Angesichts dieser Zahlen muss der baldige Weltuntergang aber nicht befürchtet werden. Das Risiko, von einem derart großen Himmelskörper getroffen zu werden, ist sehr gering. Auf der einen Seite bemängeln Wissenschaftler, dass das Thema politisch und öffentlich "sträflich vernachlässigt" werde, andere Experten sprechen hingegen von einer "rein statistischen Gefahr", die auch noch die "Urenkel der derzeitigen Generation" nicht betreffen werde.

Kein Geld

Offensichtlich ist allerdings, dass die USA in diesem Forschungsbereich führend sind. In Deutschland und auch europaweit finden nur kleine Einzelprojekte statt: "Es gibt zurzeit kein eigenes europäisches Suchprogramm - es fehlt einfach das Geld", sagt Gerhard Hahn. In Europa beschäftige man sich überwiegend mit theoretischen Bahnberechnungen. Beobachtungen seien jedoch intensiver und teurer.

Astrophysiker Axel Quetz ist der Meinung, dass das Forschungsthema mehr Beachtung finden sollte: "Der politische Wille fehlt. Es ist manchmal wie mit den drei Affen, die nichts sehen, nichts hören und nichts sagen. In den USA geht man mit dem Thema viel offener um."

"Armageddon" als Vorbild

Lösungen gegen die gefährlichen Geschosse müssten möglichst schnell gefunden werden. Als hilfreiches Beispiel zitiert Axel Quetz den Spielfilm "Armageddon", in dem eine Raumfahrercrew einen Asteroiden sprengt. Der Film zeige aus dramaturgischen Gründen zwar viele unrealistische Details, aber die grundsätzliche Richtung stimme: "Winzige Winkeländerungen reichen aus, um das Objekt aus der ursprünglichen Bahn zu lenken. Das Problem ist jedoch, dass man die Bahnen nicht immer kennt."

Schließlich fehle auch noch die notwendige Technologie, um das Ziel zu erreichen: "Selbst wenn man jetzt einen gefährlichen Asteroiden entdecken würde, dann bräuchten wir mindestens zehn Jahre, um eine Abwehrtechnologie zu entwickeln", malt der Wissenschaftler ein düsteres Bild von der Zukunft.