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Schwierige Rückkehr aus Pakistan

Nadia Karim30. August 2005

Seit mehr als 20 Jahren leben Millionen von afghanischen Flüchtlinge in Pakistan. Das UN-Flüchtlingswerk versucht die Menschen zur Rückkehr zu bewegen. Doch bislang wollen nur wenige in ihre alte Heimat.

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1,2 Millionen Flüchtlinge sollen 2005 zurückkehrenBild: AP

Als die damalige Sowjetunion 1979 in Afghanistan einmarschierte, flüchteten viele Afghanen in die pakistanische Grenzstadt Peschawar. Die Region am Kybarpass wurde zum größten Flüchtlingslager der Welt. Seit drei Jahren versucht nun das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) die Afghanen zur Rückkehr in ihre Heimat zu bewegen - doch die mehr als drei Millionen Flüchtlinge sind skeptisch. Ein Rückkehrer-Abkommen zwischen dem UNHCR, Pakistan und Afghanistan soll wahrscheinlich im März 2006 unterzeichnet werden. Danach würde für die verbleibenden Afghanen überprüft, ob sie weiterhin den Flüchtlingsstatus behalten oder als einfache Wirtschaftsmigranten eingestuft werden.

Seit 24 Jahren leben im Katchagary-Flüchtlingscamp über 80.000 afghanische Flüchtlinge. Aus Lehm bauten sie damals ihre Häuser in einer Wüstenlandschaft, die am Rande der Stadt Peschawar liegt. Der Afghanistankrieg vertrieb sie aus allen Regionen Afghanistans. "Wir können nicht nach Afghanistan zurückkehren, weil wir weder die Miete dort bezahlen noch ein Grundstück kaufen können", erzählt der 45-jährige Schrotthändler Zemarei. "Wenn ich die Hälfte des Raumes, in dem wir hier gerade sitzen, in Afghanistan zum Wohnen hätte und nur eine Mahlzeit, ich würde keine Nacht länger hier bleiben."

Leben im Lager

Nur 30 Quadratmeter ist der Raum groß. Vor 22 Jahren flüchtete Zemarei mit seiner Familie nach Peschawar und baute sich eine Bleibe auf dem Gelände des Flüchtlingslagers, das die pakistanische Regierung kostenlos zur Verfügung stellt. Doch als die Behörden vor zwei Jahren zu Schikanen und Verhaftungen überging, um alle Flüchtlinge zur Rückkehr zu bewegen, wurde auch Zemareis Lehmhütte zerstört. Nur Fenster und Türrahmen konnte er noch rechtzeitig retten und verkaufen.

Jetzt wohnt Zemarei mit seinen vier Töchtern und einem Sohn für 15 Euro Miete monatlich im Katchagary-Camp und fristet sein Leben als Schrotthändler. Von dem Geld, das er verdient, kann er seine Familie gerade so über Wasser halten.

Fremd in Afghanistan

Oft sammeln afghanische Kinder und Jugendliche die Sachen von den Straßen. Brotreste aus privaten Haushalten werden als Futter für die Kühe oder manchmal an sehr arme Familien zum Brotbacken verkauft.

Der 19-jährigen Rona geht es besser. Sie arbeitet als Lehrerin im Flüchtlingslager und war noch nie in Afghanistan. Für ihr Lehmhaus mit dem kleinen Innenhof, das ihre Familie vor 20 Jahren selbst gebaut hat, brauchen sie keine Miete zu bezahlen. "In Afghanistan hatten wir sechs Hektar Land. Nach unserer Flucht nach Pakistan haben andere Leute unser Land mit Gewalt besetzt und all diese Jahre auch die Ernte für sich genommen. Nun behaupten sie auch, dass es ihr Land ist." Mit einem monatlichen Verdienst von 60 Euro unterstützt sie ihre 17-köpfige Familie.

Zögerliche Rückkehr

Rona stammt aus der Provinz Paktia in Südost-Afghanistan, wo es immer noch vereinzelt Kämpfe zwischen US-amerikanischen Soldaten und Taliban-Anhängern gibt. Bisher wurde dort kaum Wiederaufbauarbeit geleistet. Weitere Gründe für die zögerliche Rückkehr sind die hohen Lebenshaltungskosten in Afghanistan im Vergleich zu denen in Pakistan und die starke Verminung. Zwischen 10 und 30 Millionen Minen sollen in Afghanistan liegen.

Vor drei Monaten führte das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) in Peschawar eine Befragung unter den Flüchtlingen durch, in der evaluiert werden sollte, ob sie nach Afghanistan zurückkehren möchten oder nicht. "Viele Flüchtlinge haben dem UNHCR gesagt, dass sie in Afghanistan kein Haus hätten und es dort wenig Arbeit gebe," berichtet die zuständige Mitarbeiterin des UN-Flüchtlingswerks in Peschawar, Wahida. Ein weiterer Grund sei die sehr schwache wirtschaftliche Situation vieler afghanischer Flüchtlingsfamilien.

Obwohl das UN-Hilfswerk für die Rückführung von Peschawar nach Afghanistan jeder Person 25 Dollar zahlt, reicht den Rückkehrern dieses Geld gerade mal für die ersten Wochen in Afghanistan. Danach sind viele von ihnen perspektivlos, besonders wenn der harte Winter beginnt. Die afghanische Regierung hat wenig Mittel und Möglichkeiten die Millionen neuer Flüchtlinge aufzunehmen und ihnen eine Unterkunft oder Arbeit zu geben. Der Wiederaufbau nach einem Vierteljahrhundert Krieg braucht seine Zeit.