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Schwieriges Amt in der Flüchtlingskrise

Bernd Gräßler (mit KNA, dpa, Spiegel Online)24. Februar 2016

Die Bundesregierung ernennt die SPD-Politikerin Bärbel Kofler zur neuen Beauftragten für Menschenrechte. Die geplanten Asylrechtsverschärfungen trägt sie mit. Ihr Vorgänger wollte das nicht.

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Bärbel Kofler
Bärbel Kofler ist seit 2004 Abgeordnete im BundestagBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Nach dem überraschenden Rücktritt des SPD-Politikers Christoph Strässer als Menschenrechtsbeauftragter hat die Bundesregierung schnell eine Nachfolgerin präsentiert: Die bayrische Abgeordnete Bärbel Kofler, ebenfalls Sozialdemokratin, wurde vom Kabinett ernannt. Die 48-Jährige ist bisher vor allem als Entwicklungspolitikerin in Erscheinung getreten und ist seit 2013 entwicklungspolitische Sprecherin ihrer Bundestagsfraktion

Der Deutschen Presseagentur sagte sie, sie wolle sich in ihrem neuen Amt dafür einsetzen, dass Deutschland im weltweiten Flüchtlingselend ein humanitäres Gesicht behalte: "Die humanitäre Verantwortung ist das A und O."

Im Unterschied zu ihrem Vorgänger lehnt die neue Menschenrechtsbeauftragte jedoch nicht die Asylrechtsverschärfungen ab, die von der Bundesregierung beschlossen wurden und über die am Donnerstag im Bundestag abgestimmt werden soll. Die Regierungsfraktionen hätten einen Kompromiss gefunden, der jetzt gelte, wird Kofler zitiert: "Es ist wichtig zu schauen, wie damit praktisch in der Verwaltung umgegangen wird."

Kofler: "Großzügigkeit beim Familiennachzug"

Das sogenannte Asylpaket II sieht unter anderem schnellere Verfahren für Flüchtlinge mit geringer Bleibeperspektive und die vorübergehende Einschränkung beim Familiennachzug für Flüchtlinge mit geringem Schutzstatus vor. Die SPD hat allerdings durchgesetzt, dass bei jungen Flüchtlingen im Einzelfall geprüft wird, ob Eltern oder Geschwister nach Deutschland nachkommen dürfen. Kofler plädiert für ein "sehr großzügiges Verfahren".

Ihr Vorgänger Christoph Strässer hatte am Montag nach zwei Jahren Amtszeit seinen Rücktritt verkündet, "wegen Überlastung", wie es offiziell hieß. Später hatte er jedoch in einem Schreiben an die SPD-Mitglieder in seinem Wahlkreis die aktuelle Asylpolitik der Regierung als einen Rückzugsgrund angegeben. In seinem Arbeitsfeld zeichneten sich politische Entscheidungen ab, "die für mich nur schwer vereinbar sind mit meinen eigenen Positionen und meiner eigenen Glaubwürdigkeit", heißt es in den Schreiben. Kritisch sah Strässer unter anderem die Einrichtung sogenannter Schutzzonen in Afghanistan, um den Flüchtlingszustrom aus diesem Land nach Europa zu bremsen. Es sei eine "absurde Idee", von innerstaatlichen Fluchtalternativen in Afghanistan auszugehen.

Strässer: "Gegen Alibi-Rolle ankämpfen"

Strässer sprach in einem Rundfunk-Interview auch von einer "Alibi-Rolle" seines Amtes, die "vielfach spürbar" sei, und von der Notwendigkeit, dagegen anzukämpfen. Die Seite "Spiegel Online" vermeldete eine SPD-interne Debatte über das im November 1998 von der rot-grünen Koalition aus Sozialdemokraten und Grünen eingerichtete Amt.

Deutschland Grundgesetz Artikel 1
Grundgesetz, Artikel 1: Die Würde des Menschen ist unantastbarBild: picture-alliance/dpa/J. Kalaene

Der Menschenrechtsbeauftragte ist im Auswärtigen Amt angesiedelt. Zu seinen Aufgaben gehört es, dem Bundesaußenminister Vorschläge zur Gestaltung der deutschen Politik in Sachen Menschenrechte und humanitärer Hilfe zu machen. Mögliche Menschenrechtsverletzungen in Deutschland selbst fallen nicht in seine Kompetenz sondern sind grundsätzlich Sache der Gerichte. Außerdem gibt es dafür Petitionsausschüsse von Parlamenten und Ombudsleute.

Bärbel Kofler ist nach Claudia Roth die zweite Frau im Amt des Beauftragten für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, wie es offiziell heißt. Die promovierte Philologin hat unter anderem Russisch und Spanisch studiert und als Sprachlehrerin und Lektorin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) gearbeitet. Politisch wird sie dem linken Flügel der SPD zugerechnet.

Der Wechsel im Amt des Menschenrechtsbeauftragten fällt in eine Zeit, in der die deutsche Politik mit der Flüchtlingskrise ein besonders heikles humanitäres Problem auf dem Tisch hat. Die Generalsekretärin von Amnesty Deutschland, Selim Caliskan, fürchtet sogar, dass in dem Bemühen, die Flüchtlingszahlen zu reduzieren, die Menschenrechte aus dem Blick geraten.