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Schäubles Pläne für die Fiskalunion

16. Oktober 2012

Bundesfinanzminister Schäuble macht Druck bei der europäischen Fiskalunion. Bereits auf dem bevorstehenden EU-Gipfel will er Vorschläge machen, die den Währungskommissar und das EU-Parlament stärken sollen.

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Die Quadriga auf dem Brandenburger Tor in Berlin durch eine EU-Fahne gesehen (Archivfoto: AP)
Bild: AP

Zur dauerhaften Lösung der Euro-Schuldenkreise unternimmt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble einen neuen Anlauf für schnelle Vertragsänderungen in der EU. "Wir müssen jetzt größere Schritte zur Fiskalunion machen", sagte er auf der Rückreise von seinem Asienbesuch.

Stärkung des WährungskommissarsDer CDU-Politiker will erreichen, dass der EU-Währungskommissar mehr Einfluss erhält. Dieser sollte genau so viele Kompetenzen wie der Brüsseler Wettbewerbskommissar haben und auch allein Haushalte einzelner Länder an die jeweiligen nationalen Parlamente zurückverweisen können. Der Kommissar solle so die Möglichkeit für ein stärkeres Einwirken auf Länder im Defizitverfahren erhalten. Zudem müsse er allein entscheiden können, also ohne Abstimmung mit seinen Kommissionskollegen, lautet eine weitere Forderung Schäubles.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (Foto: Reuters)
Will den EU-Währungskommissar stärken: Finanzminister Wolfgang SchäubleBild: Reuters

Ein weiteres Element von Schäubles Vorschlägen sind flexiblere Entscheidungen des Europäischen Parlaments. So sollten bei Entscheidungen, die nur bestimmte Gruppen wie die Euro-Zone oder die Schengen-Staaten betreffen, künftig auch nur die Abgeordneten aus den jeweils direkt betroffenen Mitgliedsstaaten abstimmen.

"Kanzlerin etwas vorsichtiger"

Für diese institutionellen Reformen müssten zum Teil die europäischen Verträge geändert werden. Berlin will den Vorstoß bereits beim EU-Gipfel in dieser Woche unterbreiten. Im günstigsten Fall könnte schon beim darauffolgenden Gipfel im Dezember der sogenannte EU-Konvent der 27 Staaten einberufen werden, der für europäische Vertragsänderungen immer erforderlich ist.

Schäuble hat seinen Plan nach eigenen Angaben bereits in der Euro-Gruppe vorgestellt. Seine Vorstellungen deckten sich auch mit denen von Kanzlerin Angela Merkel, sagte er: "Die Bundeskanzlerin und der Bundesfinanzminister sind immer auf einer Linie." In einigen Punkten geht Schäuble aber offenbar weiter: "Die Kanzlerin ist noch ein bisschen vorsichtiger als ich und deswegen ein bisschen erfolgreicher als ich."

Schäuble schlägt EU-Reformen vor

Brüssel reagiert zurückhaltend

Bei der EU-Kommission in Brüssel wurden Schäubles Vorschläge zurückhaltend aufgenommen. Zu der Forderung des Finanzministers nach einem mächtigen EU-Währungskommissar sagte eine Sprecherin von Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel: "Wir haben bereits einen Super-Kommissar, der ein Super-Vizepräsident ist, er heißt Olli Rehn." Außerdem verwies sie auf vorliegende Reformvorschläge Barrosos.

Zustimmung zu Schäubles Plänen für eine Art "Euro-Gruppen-Parlament" kam vom Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD). Er werde dem Parlament entsprechende Vorschläge machen, sagte Schulz der Nachrichtenagentur dpa. Schulz lehnte aber die Forderung Schäubles ab, der EU-Kommission ein verschärftes Eingriffsrecht in nationale Haushalte zu geben: "Es darf ganz sicher keinen EU-Finanzminister geben, der das Haushaltsrecht der Mitgliedstaaten relativieren kann. Wenn überhaupt, dann geht das nur mit demokratischer Legitimation", sagte Schulz der Zeitung "Die Welt". "Wenn sich also nationale Parlamente und EU-Parlament auf feste Kriterien einigen, dann ist ein solches Eingriffsrecht vorstellbar."

Schäubles Vorstellungen sind auch eine Reaktion auf die Vorschläge der vier europäischen Präsidenten, also der Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB), des Europäischen Rates sowie der Euro-Gruppe, zur Weiterentwicklung der Union. Diese sollen beim anstehenden Gipfel vorgelegt werden. Nach Schäubles Ansicht gehen diese Konzepte nicht weit genug. "Meine Überlegungen gehen dahin: Europa ist kompliziert." Das müsse man ändern, damit das Vertrauen zurückgewonnen werden kann, sagt er.

pg/hp/kis (dpa, rtr, dapd)