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Polonium-Spuren in Deutschland nachgewiesen

10. Dezember 2006

Bei den Ermittlungen zum Gifttod des russischen Ex-Agenten und Kreml-Kritikers Alexander Litwinenko hat die Polizei jetzt in Hamburg "definitiv" Spuren des hochgiftigen Poloniums 210 entdeckt.

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Die Polizei fand auch radioaktive Spuren im Auto der Ex-Schwiegermutter des Kontaktmanns Kowtun (Foto: AP)
Die Polizei fand auch radioaktive Spuren im Auto der Ex-Schwiegermutter des Kontaktmanns KowtunBild: picture-alliance/dpa

Der russische Ex-Agent Litwinenko war in London mit Polonium vergiftet worden. "Es handelt sich definitiv um Spuren des Polonium 210", sagte Einsatzleiter Thomas Menzel am Sonntag zum Stand der Untersuchungen des Wohnhauses von Litwinenkos Kontaktmann Dmitri Kowtun in Hamburg-Ottensen. Der 41-jährige Kowtun hatte Litwinenko am 1. November in London getroffen. Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen war Litwinenko an diesem Tag vergiftet worden.

Die Spuren des Poloniums 210 seien in der Wohnung der Ex-Frau
Kowtuns in dem Haus in Ottensen nachgewiesen worden. Ebenso seien die Ermittler auf radioaktive Spuren in einem Auto sowie auf dem Anwesen der Ex-Schwiegermutter Kowtuns in Haselau im Kreis Pinneberg in Schleswig-Holstein gestoßen. "Man kann davon ausgehen, dass es sich auch dort um Polonium handelt", sagte Menzel. In einer Maschine der Fluggesellschaft Germanwings, mit der Kowtun am 1. November von Hamburg nach London geflogen war, wurden dagegen keine Polonium-Spuren gefunden.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Staatsanwaltschaft in Hamburg hat inzwischen ein Ermittlungsverfahren gegen Kowtun eingeleitet. Das teilte der leitende Oberstaatsanwalt Martin Köhnke am Sonntag in Hamburg mit. Der Vorwurf lautet auf unerlaubten Umgang und Missbrauch von radioaktiven Stoffen. Es bestehe im Augenblick ein hinreichender Anfangverdacht, dass Kowtun das Polonium außerhalb seines Körpers nach Hamburg gebracht habe, sagte Köhnke weiter. Insofern gelte er als Täter.

Bewohner mussten Haus verlassen

(Foto: AP)
Dmitri Kowtun (Archivbild)Bild: AP

Die radioaktiven Spuren waren in der Wohnung von Kowtuns 31-jähriger Ex-Frau in Hamburg-Altona gefunden worden. Die Untersuchung von Kowtuns Wohnung, die sich im selben Haus befand, erbrachte keine Strahlenbelastung. Für die Feinuntersuchung mussten die rund 30 Bewohner das Mehrfamilienhaus verlassen. Viele der Bewohner seien bei Verwandten oder Bekannten untergekommen, sagte eine Polizeisprecherin. Beteiligt an den Untersuchungen in Hamburg waren Spezialisten der Bundespolizei, des Bundeskriminalamtes (BKA) und des Bundesamtes für Strahlenschutz.

Witwe Litwinenkos meldet sich zu Wort

Der 41-jährige Kowtun, der sich derzeit in einem Moskauer Krankenhaus befindet, wurde russischen Medienberichten zufolge wie Litwinenko mit Polonium 210 radioaktiv vergiftet. Sein Gesundheitszustand soll ernst sein. Der frühere russische Geheimdienstagent und Unternehmer hatte Litwinenko am 1. November in einer Londoner Hotelbar getroffen. Kurze Zeit später zeigte Litwinenko erste Vergiftungssymptome. An dem Treffen nahm auch der Ex-Spion Andrej Lugowoi teil, der derzeit in Moskau ebenfalls unter medizinischer Beobachtung steht. LitWinenko starb am 23. November in London.

Marina Litwinenko, die Witwe des verstorbenen Ex-Agenten
Marina Litwinenko, die Witwe des verstorbenen Ex-AgentenBild: AP

Die Witwe Litwinenkos hat sich unterdessen erstmals öffentlich geäußert. Ihr Mann habe sich "niemals als eine erstrangige Zielscheibe gefühlt", sagte sie. Er habe "natürlich Feinde gehabt", sagte Marina Litwinenko der "Sunday Times" - aber keine Feinde, "die ihn auf diese furchtbare Weise umbringen" würden. Ihr Mann habe sich im britischen Exil "sicher gefühlt". "Das Leben hier in England hat uns getäuscht", fügte die 44-Jährige hinzu. Als Ex-Agent des russischen Geheimdienstes habe er gewusst, "dass niemand dem FSB entkommt". Zwar könne sie nicht beweisen, dass "diese Leute" für seinen Tod verantwortlich seien. Aber sie sei sich sicher, dass sie ihm "nie vergeben haben", dass er den Geheimdienst öffentlich kritisierte. (stl)