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Scouten für Jogi

Olivia Fritz20. Juni 2012

Bei der Europameisterschaft bekommt der deutsche Trainerstab erneut Hilfe von den fleißigen Studenten der Deutschen Sporthochschule. Erstmals ist auch ein Mitarbeiter des Kölner Projekts vor Ort dabei.

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Studierende der Deutschen Sporthochschule Köln beim Scouting für die DFB-Elf. (Copyright: DW/Olivia Fritz)
Bild: DW

Spielszenen flimmern über die Monitore der zahlreichen Laptops. In dem kleinen Büro an der Sporthochschule in Köln herrscht eine konzentrierte Atmosphäre. Eifrig tippen die Studenten Daten und Zahlen der bisherigen EM-Spiele in den Computer und tragen die wichtigsten Erkenntnisse zusammen. Die Hauptarbeit machen sie aber zu Hause. "Durch die Laptops sind wir flexibel", erklärt Kai Krüger, der schon seit 2007 dabei ist. Eine komplette Spielanalyse dauere bis zu acht Stunden, die freiwillig neben dem Studium absolviert werden. Alle Studierenden sind trotzdem mit Feuereifer bei der Sache.

Seit der Ära Jürgen Klinsmann dabei

Seit 2005 arbeitet der Trainerstab des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) eng mit der Sporthochschule zusammen. Alle Testspiele, Qualifikationsspiele und Pflichtspiele werden akribisch vorbereitet. Mit einem Lächeln im Gesicht erinnert sich Professor Jürgen Buschmann an den entscheidenden Anruf des damaligen Bundestrainers. "Der kam nachts um eins. Ich stand kerzengerade im Bett, denn Herr Klinsmann war dran." Seither hat sich einiges getan. Waren zur Heim-WM 2006 noch 16 Studenten für 31 Mannschaften zuständig, so sind es heute 45 für 15 Teams. Das Interesse der Studenten ist riesengroß, doch nicht jeder kann mitmachen: Kicken können muss man auch. Nicht nur das: Die Analyse muss stimmig sein. Warum kam es zu einer bestimmten Spielsituation, warum ist die Partie gekippt? Das in Worte zu fassen, fällt so manch einem Oberligaspieler schwer. "Im Vorfeld werden Schulungen abgehalten, damit wir alle auf einem Niveau sind und die Szenen gleich bewerten, so dass eine gute Aussagekraft vorhanden ist", erklärt Kai. Doch nicht nur junge Männer sitzen mit Begeisterung vor den Bildschirmen – auch eine Bundesligaspielerin von Bad Neuenahr ist mit im Team.

Kai Krüger, Sportmanagement-Student
Kai Krüger, Sportmanagement-StudentBild: Kai Krüger

40 Seiten plus eine DVD

So bekommt das DFB-Trainerteam bereits vor jedem Turnierbeginn ein ganzes Buch mit Informationen zu allen EM-Teilnehmern und im Vorfeld der nächsten Partie noch einmal eine Spezialausfertigung: 40 Seiten plus eine DVD, damit man sich die beschriebenen Taktik-Beispiele sofort anschauen kann. "Wir wollen uns nicht am Gegner ausrichten, aber die Schwächen und Stärken der Gegner zu kennen, ist schon wichtig", erläutert Bundestrainer Joachim Löw. "Ob einer 1,94 Meter groß ist oder 85 Kilo schwer, interessiert mich nicht. Wir wollen die Charakteristik der Spieler."  Um sich optimal mit den Studenten in Köln abzustimmen, ist mit Stephan Nopp erstmals auch ein Mitarbeiter der Sporthochschule im DFB-Quartier dabei.

Prof. Dr. Jürgen Buschmann. Leiter des Scouting-Projekts der deutschen Sporthochschule Köln. (Quelle: Privat , Jürgen Buschmann hat alle Rechte)
Prof. Dr. Jürgen Buschmann leitet das Kölner ScoutingprojektBild: Privat

Zertifikat für die Bewerbungsmappe

Was sich für die DFB-Elf auszahlt, lohnt sich auch für die Studenten, die ehrenamtlich arbeiten. Der DFB lädt sie zur Belohnung schon mal zu Länderspielen in der Region ein, spendiert Trikots und kommt zu Besuch. Co-Trainer Hansi Flick und DFB-Chef-Scouter Urs Siegenthaler sind häufig zu Gast. "Mit jedem Spiel, mit jedem Treffen lernen wir was über Fußball", sagt Kai. Auch bei nicht öffentlichen Trainingseinheiten dürfen die Studenten zuschauen und anschließend den Trainingserfolg mit dem Bundestrainer diskutieren. Zudem gibt es anschließend ein Zertifikat, das von Professor Buschmann, Bundestrainer Löw und Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff unterschrieben ist. "Macht sich gut für die Bewerbungsmappe", grinst Kai. "Das ist mehr wert als ein Arbeitslohn." Die größte Belohnung wäre natürlich der EM-Titel. Denn falls die deutsche Elf am 1. Juli den Pokal in die Höhe recken sollte, haben auch die Kölner Studenten einen kleinen Teil dazu beigetragen.