1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Malta lässt "Sea-Watch 3" einfahren

2. Januar 2019

In den Streit um die Aufnahme von Bootsflüchtlingen auf dem Mittelmeer kommt Bewegung. Malta erlaubt, dass das deutsche Rettungsschiff "Sea-Watch 3" in seine Zwölf-Meilen-Zone einlaufen darf.

https://p.dw.com/p/3AvAY
Malta Rettungsschiff Sea-Watch 3
Bild: picture-alliance/dpa/Sea Watch e.V.

Das Rettungsschiff "Sea-Watch 3" darf sich der Küste Maltas nähern. Das teilten die Marine der Inselrepublik und die Besatzung des Schiffs mit. Grund sei die sich verschlechternde Situation an Bord. Wie die Online-Zeitung "Malta Independent" und die Zeitung "Times of Malta" schreiben, ist damit keine Anlegeerlaubnis verbunden. An Bord befinden sich 32 Flüchtlinge. Am frühen Mittwochabend fuhr das Schiff demnach in die Zwölf-Meilen-Zone des Inselstaats ein. Die französische Nachrichtenagentur afp meldet unter Berufung auf die Marine, auch das deutsche Hilfsschiff "Sea Eye" mit 17 Flüchtlingen dürfe in maltesische Gewässer einlaufen. 

Das medizinische Team an Bord der "Sea-Watch 3" hatte zuvor über zur Neige gehende Trinkwasser- und Nahrungsvorräte sowie anhaltende Seekrankheit unter vielen der 32 Geretteten berichtet. Unter den Passagieren sind mehrere Frauen und unbegleitete Minderjährige.

Das Schiff, das unter niederländischer Flagge fährt, hatte die Migranten am 22. Dezember vor der libyschen Küste geborgen. Bisher hatte kein Staat die Einfahrt in einen Hafen gewährt. Italien, Malta, Spanien, die Niederlande und Deutschland hatten nach Angaben des Vereins Sea-Watch mit Sitz in Berlin eine Aufnahme der Flüchtlinge bislang verweigert.

Signal aus Den Haag

Derweil erklärte ein Sprecher des niederländischen Justizministeriums, man sei bereit, einige der Flüchtlinge aufzunehmen, wenn andere europäische Staaten dies auch täten. Die EU-Kommission koordiniere derzeit entsprechende Verhandlungen mit anderen Ländern. Am Samstag hatte ein Regierungssprecherin Berlin gesagt, dass Deutschland nur dann einige Flüchtlinge übernehme, wenn andere Länder dies ebenfalls zusagen würden.

Weitere 17 Menschen wurden am 29. Dezember von dem deutschen Rettungsschiff "Sea-Eye" geborgen. Seitdem sucht die "Professor Albreckt Penck" der Regensburger Organisation "Sea-Eye" einen Hafen, um die Migranten an Land zu bringen. 

Hilferufe werden dringlicher

Die Besatzungen der beiden Schiffe baten am Mittwoch eindringlich um Hilfe. Die Situation sei "nicht mehr tragbar und menschlich wie politisch nicht zu verantworten, schrieb die Organisation Sea-Watch auf Twitter. "2019 beginnt für uns mit Seekrankheit und Verzweiflung an Bord."

Auf Twitter schrieb die Besatzung der "Sea Watch", anfänglich seien die geretteten Menschen in vergleichsweise guter körperlicher Verfassung gewesen. Das Schiff sei jedoch nicht auf einen längeren Aufenthalt an Bord ausgelegt, so sei beispielsweise die Nahrung nicht nährstoffreich genug, um Widerstandskräfte gegen Seekrankheit und Infektionen zu bilden. "Wir sind nicht in der Lage, Unterstützung und Unterkunft für längere Zeit zu bieten, unser Schiff ist dafür nicht ausgelegt", hieß es in dem Statement.

Schlechtes Wetter voraus

Der "Sea-Watch"-Einsatzleiter Philipp Hahn sagte, die 32 Menschen an Bord seien im "Überlebensmodus". Sie seien im Schiffsinneren eingeschlossen. "Die nächsten Tage werden der Wind und die Wellen stärker", sagte Hahn.

Wegen des schlechten Wetters würde sich die Lage an Bord wahrscheinlich verschärfen, warnte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Es drängte deshalb auf eine schnelle Lösung für beide Schiffe.

Appell an die Politik

"Wir vertrauen und hoffen genau in diesem Moment auf Sie", schrieb die Organisation "Sea-Eye" in einem offenen Brief an die Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen außer der AfD. "Bitte helfen Sie unseren beiden Schiffen, bitte helfen Sie den 49 geretteten Menschen sofort, denn das Wetter verschlechtert sich und die Schiffsvorräte sind beinahe aufgebraucht." In einem Tweet forderte die Organisation: "Deutschland kann und muss jetzt mehr Verantwortung übernehmen."

Ein Bischof mahnt

Unterstützung kommt derweil von der katholischen Kirche. Der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, mahnte die Bundesregierung zur Aufnahme der 32 Migranten an Bord der "Sea-Watch 3". "Das gebietet uns allein schon die Humanität", betonte Fürst. Die Flüchtlinge und die Schiffsbesatzung befänden sich in einer "außerordentlich schwierigen Situation".

Damit unterstützt der Bischof den Appell seines Flüchtlingsbeauftragten Ludwig Rudloff, die am Samstag vor Weihnachten vor Libyen geretteten Menschen schnellstmöglich nach Deutschland zu bringen. Rudloff hatte sich bereits gemeinsam mit der Berliner Hilfsorganisation Sea Watch an Bundesinnenminister Horst Seehofer gewandt und betont: "Es kann doch nicht sein, dass die Bundesregierung die Aufnahme von 32 aus Seenot geretteten Menschen verweigert, obwohl 30 Städte in Deutschland bereit sind, diese Menschen aufzunehmen." Demnach befinden sich unter den 32 Flüchtlinge vier Frauen, zwei Kleinkinder, ein Baby und drei unbegleitete Minderjährige.

Spanische Küstenwache in Aktion

Die spanische Küstenwache rettete derweil an den ersten beiden Tagen des Jahres bereits mehr als 320 Flüchtlinge auf dem Mittelmeer. Am Neujahrstag seien 111 und am Mittwoch seien 214 weitere Menschen gerettet worden, sagte eine Sprecherin am Mittwoch. Die Küstenwache suche zudem nach einem weiteren Boot, das sich offenbar in Seenot befinde.

Seitdem Italiens populistische und teils rechtsextreme Regierung die Häfen des Landes für private Seenotretter geschlossen hat, kommen wesentlich weniger Migranten in Europa an, die meisten von ihnen landeten 2018 in Spanien. Mehr als 2240 Menschen sind im vergangenen Jahr bei der Flucht über das Mittelmeer gestorben oder verschollen. Die EU-Staaten streiten nach wie vor darüber, wie sie Bootsflüchtlinge in Europa verteilen sollen.

ehl/kle (dpa, kna, afpe, sea-eye)