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Seemannsmission: Ein Ankerplatz in Afrika

9. April 2010

Oft bleiben Seeleute wegen zu kurzer Liegezeiten im Hafen auf dem Schiff. Allein. In Douala, Kameruns quirliger Hafenstadt, ist das anders. Dort kümmert sich die deutsche Seemannsmission um Matrosen aus aller Welt.

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Manfred Kühle, Chef der Seemannsmission in DoualaBild: DW

"Diese Terrasse hier kann man von weitem sehen und das zeigt auch: Hier ist ein offenes Haus, offen für Begegnung." Ein milder, warmer Abendwind weht über die Terrasse des "Foyer du Marin" – dem Stützpunkt der deutschen Seemannsmission in Douala. Manfred Kühle, der blonde Norddeutsche genießt die abendliche Entspannung und die Atmosphäre seines vor wenigen Monaten abgeschlossenen, neuesten Bauprojektes. Wie auch einige Kameruner, europäische Urlauber und deutsche Expats, Weiße, die es dauerhaft in die ehemalige deutsche Kolonie verschlagen hat. Kühle ist Seemannsdiakon, Chef der Station in Douala und schon fast das Klischee eines Machers, der einen Laden mit 12 Zimmern, Dutzenden Angestellten und die Betreuung der Matrosen im Hafen führt.

Exotischer Geheimtipp für Touristen

Blick von der Terrasse des Foyer du Marin
Blick von der Terrasse des Foyer du MarinBild: DW

Letzteres ist die eigentliche Aufgabe der Mission. Die Mitarbeiter gehen zu den Matrosen, bieten Gespräche und Hilfe an und weisen sie auf die günstigen Übernachtungsmöglichkeiten im Foyer du Marin hin. Die kennen mittlerweile auch viele Touristen. Und so sind die Zimmer in der grünen, mit reichlich afrikanischer Kunst, Swimming-Pool und Sportplatz ausstaffierten Anlage begehrte Unterkünfte. Zur Zeit entstehen noch weitere Zimmer, außerdem muss der Restaurantbetrieb organisiert werden - und das alles noch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Denn die evangelischen Kirchen als Träger der Mission müssen mit sinkenden Einnahmen durch Kirchensteuern und Zuschüssen des Auswärtigen Amtes rechnen. Ein aufreibender Job für Manfred Kühle und seine Frau, die den Betrieb vor zwei Jahren übernommen haben: "Wir haben jetzt etwa die Halbzeit, würde ich sagen. Und wir freuen uns auch schin darauf, zurück zu kehren und eine weitere Herausforderung anzunehmen."

Mittendrin in der Stadt und im Leben

Der Innenhof des Foyer du Marin
Der Innenhof des Foyer du MarinBild: DW

Aufreibend ist auch das Umfeld des Foyer du Marin: Im Februar 2008 musste das Seemannsheim einige Tage geschlossen werden, als Straßenschlachten zwischen Soldaten und Demonstranten die Lage zu gefährlich machten. Und weil die deutsche Botschaft in der Hauptstadt Jaunde erst nach stundenlanger Fahrt zu erreichen ist, ist Manfred Kühle oftmals Ansprechpartner in Notfällen, eine Art Konsul ohne Titel nicht nur für Deutsche, auch andere Europäer treffen sich gern im Foyer du Marin. Das Seemannsheim – ein Außenposten Europas? Manfred Kühle: "Als deutscher in Kamerun hat man ja fast den Charakter von Schiffen, ein isolierter Fleck. Wie Seeleute auf ihren Schiffen, und deswegen können wir die Seeleute auch gut verstehen."

Viel Erfahrung in Betreuung und Nothilfe

Möbel aus heimischer Produktion Zimmer in der Mission
Möbel aus heimischer Produktion in den ZimmernBild: DW

Mit schwierigen Situationen kennt Manfred Kühle sich aus. Er war Anfang der 90er Jahre Flüchtlingsberater bei der Diakonie in Lüchow-Dannenberg, betreute benachteiligte Jugendliche, kümmerte sich im Kosovo um Kriegsopfer. Zwischendurch betrieb er einen Buchladen engagierte sich in der Friedensbewegung. Und auch jetzt als Seemannsdiakon will er Missstände beseitigen. Piraten bedrohen die Sicherheit der Seeleute vor der westafrikanischen Küste. Trauriger Höhepunkt bislang: der Überfall auf einen Hamburger Frachter, bei dem ein Seemann getötet wurde: "Gerade diese Geschichte hat die Herzen der Seeleute bewegt, Wir haben viele Gespräche gehabt und die Seeleute fragen sich: Kann ich das meiner Familie zumuten, dieses hohe Risiko?"

Und Mittwochs gibts Kartoffelsalat

Im Foyer du Marin ist das Thema Piraterie eines von vielen. Die weitverbreitete Korruption in der Politik, die bevorstehende Fußball-WM, der Niedergang der deutschen Isenbeck-Brauerei in Kamerun – und wer am nächsten Mittwoch wohl auftauchen wird im Seemansheim. Denn dann findet das allwöchentliche Pendant zum Bingo-Abend der Engländer statt. Mit dabei ist auch Ingrid Kuefou, die seit 1981 in Kamerun lebt: "Das Allerschönste: Mittwochs Kartoffelsalat. Mit Würstchen! Das ist schon was."

Autor: Dirk Bathe

Rddaktion: Stephanie Gebert