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Selbstbestimmtes Glück

Kathrin Schrage21. April 2014

In Deutschland leben rund 700.000 Menschen, die 80 Jahre und älter sind, in Einsamkeit. Ist Altwerden also unweigerlich mit Vereinsamen verbunden? Sport kann helfen.

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Seniorensportlerin Marianne Leube beim Training. Foto: Schrage
Seniorensportlerin Marianne Leube trainiert regelmäßig dreimal pro WocheBild: Kathrin Schrage

"Montags Aqua-Training, mittwochs und freitags zum Gerätetraining." So sieht der Sport-Wochenplan von Marianne Leube aus Leverkusen aus. Die 79-Jährige ist seit drei Jahren verwitwet und lebt allein. Nach dem Tod ihres Mannes, der lange Zeit ihre Pflege benötigt hatte, habe sie gedacht, sie könne sich mal ausruhen. Heute sagt sie: "Ich habe zwei Jahre meines Lebens verschenkt, weil ich nichts getan habe."

"Über mein Leben bestimme ich selbst"

Als sich Marianne Leube einer Darmoperation unterziehen muss, raten ihr Fachleute im Anschluss zum Sporttreiben. Die erste Wahl eines Fitness-Studios erweist sich als Reinfall, ihre OP-Nähte platzen aufgrund viel zu hoher Krafteinwirkungen wieder auf und sie muss erneut operiert werden. Doch die Seniorin lässt sich nicht abschrecken, probiert es erneut und wird im Leverkusener Gesundheitszentrum fündig. "Die Trainer stellen hier alles ideal ein und kümmern sich. Ich komme wirklich gerne hierher", schwärmt die Rentnerin. Die Konsequenz der älteren Dame ist bewundernswert. Selten lässt sie eine Einheit ausfallen. "Manchmal komme ich ganz gebückt hier an. Nach dem Training gehe ich aufrecht wieder nach Hause." Bei der Wassergymnastik fühlt sie sich besonders wohl. "Wir sind zwischen sechs und neun Personen und kriegen so viel Spaß dabei. Wenn ich im Wasser bin, dann trägt es mich dermaßen, dass ich überhaupt nicht merke, dass ich krank bin." Marianne Leube tut etwas für ihre Gesundheit, um ihre Selbstständigkeit zu behalten. Einsam sei sie nicht, sagt sie. Wenn ihr danach ist, ruft sie eine Bekannte an oder geht einmal um den Block. Aber eben auch nur, wenn ihr danach ist. "Über mein Leben bestimme ich selbst." Das ist ihr das Wichtigste.

Einsamkeit macht krank

Doch nicht jeder alte Mensch hat so viel Mut wie Marianne Leube. Ursula Lenz, Pressereferentin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren, erlebt es häufig, dass ältere Menschen zunächst eine große Hemmschwelle haben, sich auf Neues einzulassen. "Die Voraussetzung, soziale Kontakte nicht zu verlieren, ist, dass man häufiger aus der Wohnung, in der man allein lebt, herausgeht und ganz bewusst und gezielt soziale Kontakte sucht oder bestehende Kontakte aufrecht erhält." Deshalb müsse eben dieser soziale Aspekt bei nahezu allen Angeboten für Seniorinnen und Senioren stark berücksichtigt werden. Ursula Lenz weiß zudem aus über 30 Jahren Berufserfahrung, wie sich Vereinsamung auswirken kann. "Ein ungewolltes Alleinsein macht Menschen leidend. Und zwar nicht nur seelisch, was sich dann in Form von Depressionen ausdrückt, es kann sich durchaus auch körperlich manifestieren", erläutert die Expertin. Besonders schwer sei es, sagt Lenz, bereits vereinsamte Menschen aus ihrer Situation wieder herauszuholen.

Senioren-Expertin Ursula Lenz. Foto: Schrage
Senioren-Expertin Ursula LenzBild: Kathrin Schrage

Bewegung erhöht die Lebenszufriedenheit

Altersforscher haben in den letzten Jahren wissenschaftlich belegt, dass regelmäßige körperliche Aktivität und soziale Anbindung die Lebenszufriedenheit im Alter erhöhen und die Einsamkeit reduzieren können. Die 81-jährige Hildegard Fey nimmt einmal wöchentlich am "Senioren-Fitness"-Programm im Gesundheitspark Leverkusen teil. Ihr Gruppenleiter, ein Sportwissenschaftler, fordert den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einiges ab. Eine Übung: auf einem Gymnastikball sitzend die Balance finden und dabei gleichzeitig in Partnerübung kleine Bälle und Säckchen werfen und fangen.

Seniorensportlerin Hildegard Fey. Foto: Schrage
Sport macht Laune, findet Hildegard FeyBild: Kathrin Schrage

Die Gesichtszüge von Hildegard Fey verraten absolute Konzentration, aber auch Freude. "Seit ich diesen Reha-Sport angefangen habe, fühle ich mich irgendwie wohl. Körperlich, aber auch in der Gruppe macht es Spaß, man erzählt sich mal einen Witz, hat mal was zu lachen", beschreibt die Alleinstehende die Auswirkungen ihrer Aktivität. Zwischen den Übungen bleibt auch Zeit für Gespräche. "Ich bin ein geselliger Mensch, ein fröhlicher Mensch", sagt die aufgeschlossene Witwe. "Ich brauche Leute und Leben um mich herum, das ist so mein Wesen."