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Die Opposition protestiert und hofft

25. Februar 2012

Die Wahl im Senegal war überschattet von teils gewaltsamen Unruhen. Die erneute Kandidatur des Staatschefs Abdoulaye Wade hat die Proteste provoziert - und sie eint die Opposition.

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Präsident Abdoulaye Wade (Foto: AP/dapd)
Bild: dapd

Als Wade im Jahr 2000 an die Macht kam, nach Jahrzehnten in der Opposition, war die Begeisterung groß. Doch zwölf Jahre später bezeichnet etwa der Musiker Thiat, einer der Gründer der senegalesischen Jugend-Protestbewegung "Y'en a marre" – "Es reicht!", die Jahre der Wade-Regierung als regelrechten "Albtraum". Er schimpft und ruft die Senegalesen zum Widerstand auf: "Zwölf Jahre lang Versagen auf ganzer Linie. Die Senegalesen müssen endlich aufwachen."

Wades Bilanz ist durchaus gemischt: In Teilen des Landes hat sich die Infrastruktur entscheidend verbessert, die Wirtschaftszahlen sind laut Weltbank und Internationalem Währungsfonds gut. Doch was die Bewegung "Y'en a marre" und große Teile der Zivilgesellschaft ärgert, ist die erneute Kandidatur Wades. Der 85-Jährige hatte selbst die Zahl der Amtszeiten eines senegalesischen Staatschefs auf zwei begrenzt. Nun aber taktiert er, dies sei entschieden worden, als er bereits im Amt war – und daher für ihn nicht gültig, sondern erst ab dem nächsten Mandat.

Rapper Thiat (Bild: DW)
Rapper Thiat bezeichnet die Jahre unter Wade als "Albtraum“.Bild: DW/D.Köpp

"Ein Rückschritt für die Demokratie"

Für Fadel Barro, auch er ist Mitglied der Jugendbewegung "Y'en a marre", ist das verfassungswidrig: "Was hier passiert, ist ein Rückschritt für die Demokratie. Wenn wir Wade seine erneute Kandidatur durchgehen lassen, wird das zum Präzedenzfall für andere." Er betont, dass seine Bewegung einen Kampf für mehr Demokratie führe. "Und zwar ganz abgesehen von Wades Alter, seiner katastrophalen Bilanz und von der Tatsache, dass er uns seinen Sohn aufzwingen will."

Denn auch das ist einer der Vorwürfe gegen Abdoulaye Wade: Er wolle in monarchischer Manier durchsetzen, dass sein Sohn ihm nachfolge. Präsidentensprecher Amadou Sall weist das zwar als haltloses Gerücht zurück. Doch Fakt ist, dass Wade 2011 die Verfassung so ändern wollte, dass Präsident und Vize-Präsident gleichzeitig gewählt würden. Der Vize wäre danach beliebig austauschbar gewesen und hätte im Falle eines Rücktritts den Staatschef automatisch ersetzt. Dieses Polit-Manöver ließen sich die Senegalesen nicht gefallen – und gingen auf die Straße.

Der Präsidentenpalast Dakar (Bild: DW)
Präsident Wade würde gern für weitere sieben Jahre im Präsidentenpalast bleibenBild: DW

Die Opposition hat sich 2007 durch Wahlboykott selbst entmachtet

Auch für die Opposition war das die einzige Möglichkeit, die geplante Verfassungsänderung abzuwehren. Denn da sie die Parlamentswahlen 2007 aus Angst vor Manipulation boykottiert hatte, ist sie weder in der Nationalversammlung noch im Senat vertreten. Welche Folgen das hat, erläutert Werner Nowak, Leiter der Friedrich-Naumann-Stiftung in Dakar: "Die Opposition hat sich selbst ein Bein gestellt: Denn nun hat sie überhaupt keine institutionellen Kanäle mehr, um sich politisch zu artikulieren. Sie kann das eigentlich nur noch über die Straße tun."

Eben dort, auf der Straße, entstand am 23. Juni 2011 in einer Demonstration gegen die geplante Verfassungsänderung die Bewegung "M 23", in der Opposition und Zivilgesellschaft vereint gegen Wade kämpfen – trotz Repression durch die Regierung. Doch viele Senegalesen haben den Eindruck, dieser Kampf sei auch schon alles, was die Oppositionspolitiker zu bieten hätten. Ansonsten seien sie zerstritten und uneins. Moustapha Niasse, einst Premierminister unter Wade und nun einer seiner Herausforderer bei den Wahlen, widerspricht und spielt mit Worten: Der Senegal sei ein Land, in dem die Vielfalt blühe, "und da wäre es auch besser, man würde auch in Bezug auf die Opposition von Vielfalt sprechen und nicht von Uneinigkeit."

Zivilgesellschaft klagt über fehlende Inspiration der Opposition

Doch wenn man nach konkreten politischen Zielen fragt, weiß auch Niasse außer dem Kampf gegen Korruption und dem Einsatz für bessere Infrastruktur kaum etwas zu sagen. Mouhamadou Mbodj, Vertreter von Transparency International in Dakar und Leiter der Nichtregierungsorganisation "Forum Civil", wirft der Opposition daher vor, sie hätte die Ergebnisse der sogenannten nationalen Sitzungen in den Jahren 2008 und 2009 ungenutzt gelassen. Damals ging es darum, politische Prioritäten herauszuarbeiten. "Ich habe bisher aber kein Programm gesehen", so Mouhamadou Mbodj. "Die Kandidaten Idrissa Seck und Macky Sall haben zwar etwas vorgestellt – aber das klang alles eher nach einem Glaubensbekenntnis als nach einem Wahlprogramm."

Wahlplakat Moustapha Niasse (Bild: DW)
Wirbt für die Vielfältigkeit der Opposition: Wahlkandidat Moustapha NiasseBild: DW

Karten für die Opposition? Schwer zu sagen. Denn der Protest gegen Präsident Wade beschränkte sich in den vergangenen Wochen fast ausschließlich auf die Hauptstadt Dakar. Dennoch hat die Zivilgesellschaft dort angekündigt, nicht locker zu lassen: Falls Wade die Wahl gewinne, werde man ihn nicht regieren lassen – auch wenn man dafür die nächsten 25 Jahre demonstrieren müsse.

Autorin: Dirke Köpp
Redaktion: Katrin Ogunsade