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G20 Seoul Gipfel

11. November 2010

Südkoreas Metropole ist für zwei Tage der Nabel der Welt. Die Chefs der zwanzig einflussreichsten Staaten treffen sich zum Weltfinanzgipfel. Das Aufgebot der Sicherheitskräfte ist gigantisch.

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Blumengebinde am G20-Tagungsort in Seoul (Foto: DW/Böhme)
Schön bunt: Blumenkunst am Eingang zum TagungsortBild: DW

Dass in Seoul in diesen Tagen etwas anders ist, merkt man schon auf dem Flug in die südkoreanische Hauptstadt. Ein Flyer informiert darüber, dass unrechtmäßige Demonstrationen strikt verboten sind und dass, wer es doch versucht, verhaftet und nach koreanischem Recht verurteilt werden kann. In der Stadt selbst stellt sich dann zunächst ein anderes Gefühl ein: Seoul ist ganz offenbar stolz darauf, erstmals Gastgeber für die Staats- und Regierungschefs der zwanzig führenden Industrie- und Schwellenländer zu sein. Überall sind Willkommens-Plakate zu sehen, von ganz klein an Laternenmasten bis riesengroß und ganze Hochhäuser verdeckend.

Metallskulptur am COEX Convention Center (Foto: DW/Böhme)
Die Welt im Spiegel: Metallskulptur am COEX Convention CenterBild: DW

Riesiges Sicherheitsaufgebot

Über 10.000 Teilnehmer werden in der pulsierenden Zwölfmillionen-Metropole erwartet, Delegationen aus den G20-Ländern und von zahlreichen internationalen Organisationen. Eingeladen sind darüber hinaus auch der Präsident von Malawi und die Regierungschefs aus Äthiopien, Singapur, Spanien und Vietnam. Berichten werden einige tausend Journalisten aus aller Welt. Beeindruckend ist aber vor allem das Sicherheitsaufgebot: Rund 50.000 Beamte sind mobilisiert worden, es ist der bislang größte Polizeieinsatz des Landes. Allein im und um das Konferenzgebäude, dem COEX Convention Center im Süden der Stadt, dürfte die Zahl der Sicherheitsleute die der Journalisten locker übertreffen. Rundherum gilt eine Art Bannmeile, ein Sondergesetz schränkt mögliche Protestaktionen von vorneherein ein.

Entwicklungsländer im Fokus

Räumpanzer der Polizei(Foto: DW/Böhme)
Sicherheit ist alles: Räumpanzer der Polizei am KongresszentrumBild: DW

Südkoreas Regierung erhofft sich von dem Gipfel einen großen Imagegewinn, auch in Bezug auf die Stellung des Landes in der Region, die von den Wirtschaftsmächten China und Japan dominiert wird. Dass man große Ereignisse organisieren kann, hat man schon bei den Olympischen Sommerspielen 1988 in Seoul und bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 gezeigt.

Jetzt allerdings geht es um politische Themen, und da will sich Südkorea als Mittler zwischen Industrie- und Entwicklungsländern präsentieren. So haben die Gastgeber erstmals in der noch jungen Geschichte der G20-Gipfeltreffen entwicklungspolitische Themen auf die Agenda gesetzt: Am Ende soll ein Aktionsplan verabschiedet werden, der weniger auf neue Gelder setzt, sondern vielmehr auf eine Förderung des Wirtschaftswachstums in den Entwicklungsländern und eine Beteiligung der privaten Wirtschaft. Südkorea könnte als Beispiel dafür stehen, was möglich ist: Das Land hat in den vergangenen sechs Jahrzehnten den Wandel geschafft - von einem rückständigen Agrarland hin zu einem wirtschaftlich starken Staat und Hochtechnologie-Standort.

Streit um Ungleichgewichte

Polizist auf einem Monoroller (Foto: DW/Böhme)
Eher putzig: Polizist auf einem MonorollerBild: DW

Im Mittelpunkt des Gipfels steht die Bilanz der Finanzmarktreform. Man will sehen, wie weit man bei der Umsetzung jener 47 Maßnahmen gekommen ist, die beim ersten Gipfel vor ziemlich genau zwei Jahren in Washington beschlossen worden waren. Überlagert wird das Ganze allerdings von der Diskussion über wirtschaftliche Ungleichgewichte, die die Erholung der Weltwirtschaft belasten. Gemeint sind damit die unausgeglichenen Handelsbilanzen vieler Länder.

Die Amerikaner waren unlängst mit dem Vorschlag vorgeprescht, die Exportüberschüsse auf vier Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung eines Landes zu begrenzen. Weil das nicht konsensfähig ist, ruderte US-Präsident Barack Obama mittlerweile zurück und will in Seoul nur noch über Instrumente sprechen, um solche Ungleichgewichte abzubauen. Das dürfte der Bundeskanzlerin entgegenkommen: Angela Merkel hatte sich stets dafür ausgesprochen, nicht künstlich in Marktprozesse einzugreifen, um Leistungsbilanzen von Volkswirtschaften zu regulieren. Merkel wird Obama unmittelbar vor Beginn des Gipfels am Donnerstag in Seoul treffen.

Wechselkurse erstmals auf der Agenda

Wasserwerfer stehen bereit (Foto: DW/Böhme)
Auch Wasserwerfer stehen bereitBild: DW

In diesem Zusammenhang werden die G20 auch erstmals offiziell über die Währungspolitik sprechen. Zuletzt hatte es viel Aufregung und eine sprachliche Aufrüstung über einen möglichen Abwertungswettlauf gegeben. Doch auf hier scheint man nun um eine kompromissfähige Formel bemüht. So hat US-Finanzminister Timothy Geithner zuletzt eine Art Frühwarnsystem vorgeschlagen, um allzu drastische Bewegungen der Wechselkurse einzudämmen. Zuletzt hatten die USA massive Kritik einstecken müssen, weil die Notenbank des Landes erneut Hunderte Milliarden Dollar auf den Markt warf, um die eigene Wirtschaft anzukurbeln. Sicher wird man das Problem hier in Seoul nicht lösen können. Zu rechnen ist mit einem Mandat für die kommende französische G20-Präsidentschaft, sich des Themas verstärkt anzunehmen.

Autor: Henrik Böhme, zurzeit Seoul
Redaktion: Rolf Wenkel

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