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EU ist gefragt

Verica Spasovska2. Februar 2007

Den Serben geht er zu weit, den Albanern nicht weit genug - der Schlichtungsplan des UN-Sondergesandten Ahtisaari für das Kosovo. Gefragt ist nun vor allem die EU, meint Verica Spasovska.

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Es ist eine schwierige Mission, die UN-Vermittler Martti Ahtisaari unternimmt. Und ihr Erfolg ist angesichts der verhärteten Fronten zwischen Serben und Albanern höchst ungewiss. Zusätzlichen Sprengstoff erhält Martti Ahtisaaris Visite in Belgrad durch die Weigerung des serbischen Regierungschefs Vojislav Kostunica, ihn überhaupt zu empfangen - angeblich, weil dieser mit der komplizierten Regierungsbildung beschäftigt ist.

Kostunica fehlt Mut

Gleichzeitig droht Kostunica mit dem Abbruch diplomatischer Beziehungen zu jenen Ländern, die das Kosovo anerkennen wollen. Dies lässt vermuten, dass sich Kostunica in diesem prekären Moment aus der politischen Verantwortung stehlen will. Denn obwohl die EU seit Monaten durchblicken lässt, dass der Vorschlag auf eine - wenn auch drastisch eingeschränkte - Unabhängigkeit hinauslaufen wird, fehlte Kostunica bis heute offenbar der Mut, die serbische Bevölkerung auf den möglichen Verlust der Provinz vorzubereiten.

Auf der anderen Seite erhöhen die Kosovo-Albaner den Druck, indem sie die uneingeschränkte Unabhängigkeit des Kosovo als nicht verhandelbar postulieren. Dadurch steigt die Erwartung der kosovo-albanischen Bevölkerung. Denn diese hat in den vergangenen Jahren die Erfahrung gemacht, dass der Westen durch Massenunruhen und gewaltsame Aktionen von seinen politischen Forderungen abrückt und nachgibt.

So haben die Unruhen vor drei Jahren im Kosovo dazu geführt, dass die EU das bis dahin gültige Postulat "Standards vor Status" fallen ließ: Die EU fordert jetzt nicht mehr, dass vor der Festlegung des Status' erst demokratische Spielregeln gelten und Minderheiten geschützt werden müssen. Da damals die Erfahrung gemacht wurde, dass Gewalt mit politischen Zugeständnissen belohnt wird, kann man auch jetzt davon ausgehen, dass es zu einer neuen Eskalation der Gewalt kommen kann, wenn der Westen die Maximalforderungen der Kosovo-Albaner nicht erfüllt. Die internationale Friedenstruppe steht daher in erhöhter Alarmbereitschaft.

Elementare Herausforderung für die EU

Die EU ist unter erheblichem Zugzwang. Sie muss eine Regelung finden, die keinen der Betroffenen als Verlierer dastehen lässt und die von allen Seiten mitgetragen wird. Aus diesem Grund fällt das Wort "Unabhängigkeit" seit Tagen nicht mehr. Umgekehrt wird auch die Souveränität Serbiens nicht erwähnt.

Der einzige Weg aus diesem Dilemma liegt in der klaren Beitrittsperspektive für Serben und Albaner zur EU. Beide Konfliktparteien wissen, dass ihre wirtschaftlichen und politischen Entwicklungsmöglichkeiten mit dieser Mitgliedschaft gekoppelt und dass sie auf die EU angewiesen sind. Serben und Albanern muss klar gemacht werden, dass es paradox ist, auf einer Souveränität zu bestehen, wenn sie Teile dieser Unabhängigkeit mittelfristig wieder an die EU abtreten. Sie müssen verstehen, dass sich der Einsatz von Gewalt schon allein deshalb nicht lohnt. Für die EU ist das Kosovo eine elementare Herausforderung: Sie muss diesen Konflikt erfolgreich steuern, um zu beweisen, dass sie zu einer geschlossenen europäischen Außenpolitik fähig ist.