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Sergej Kowaljow: Westen trägt Verantwortung für "entsetzliche Situation in Tschetschenien"

Russischer Menschenrechtler im Interview mit DW-RADIO/Russisch

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"Was die Menschenrechte angeht, ist die Situation in Tschetschenien entsetzlich. Und die Verantwortung dafür trägt im wesentlichen auch der Westen. Offensichtlich hat man sich auf einen bestimmten Handlungsstil, einen Kompromiss zwischen westlichen Kritikern und russischen so genannten ‚Friedensschützern' wie beispielsweise Dmitrij Rogosin, dem Vorsitzenden des Parlamentsausschusses für auswärtige Politik, geeinigt." Das sagte der russische Abgeordnete und Menschenrechtler Sergej Kowaljow im Interview mit DW-RADIO/Russisch.

Der Westen gebe sich mit wenig zufrieden. Dort werde beispielsweise allein die Tatsache, dass "einige der für Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen vor Gericht angeklagt werden, bereits als großer Fortschritt gewertet", so Kowaljow weiter. Menschenrechtsorganisationen hätten gemeldet, dass in Tschetschenien jeden Monat zwischen 50 und 80 Männer von russischen Soldaten ermordet würden, sagte Kowaljow. Die Anzahl der Morde an Tschetschenen sei aber in den vergangenen Monaten weiter gestiegen und grenze an einen Genozid.

Die Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien seien jedoch keine Anordnung von oben: "Ich denke nicht, dass das russische Militär in Tschetschenien vom Kreml in einer solchen Art und Weise ‚organisiert' wird. Ich vermute eher, dass sich der Kreml auf zynische Art und Weise damit abfindet, dass es keine anderen Vollstrecker für seine Politik der Gewalt und der festen Hand gibt", sagte Kowaljow im deutschen Auslandsrundfunk.

Die Aussicht auf Frieden im Nordkaukasus sei gering, so der Menschenrechtler. "Ich glaube, Putin wünscht sicher, dem Krieg ein Ende bereiten zu können. Aber wie kann solch ein Krieg zum Ende kommen? Guerillakämpfe kennen kein Ende."

6. August 2002
117/02