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Politik

Sexuelle Belästigung bald strafbar

30. Mai 2018

Reform der Frauenrechte oder Augenwischerei? Wer in Saudi-Arabien Frauen sexuell belästigt, dem drohen hohe Geldstrafen. Aktivisten nennen den Schritt reine Kosmetik. Feministinnen droht noch immer die Hinrichtung.

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Saudi-Arabien Verschleierte Frau auf der Straße
Bild: picture-alliance/AP Photo/K. Mohammed

Das islamisch-konservative Königreich Saudi-Arabien setzt seine Reformen bei den Frauenrechten fort. Das teilte das saudische Informationsministerium in Riad mit. Sexuelle Belästigung kann demnach künftig mit bis zu fünf Jahren Haft und einer Geldstrafe von bis zu 300.000 Rial, umgerechnet 70.000 Euro, bestraft werden. Der beratende Schura-Rat stimmte einem entsprechenden Gesetzentwurf zu. Das Gesetz solle die individuelle Würde und persönliche Freiheit schützen, die das islamische Recht garantiere, heißt es. 

Schura-Ratsmitglied Latifa al-Schaalan sagte laut der offiziellen Erklärung, das Gesetz fülle "ein großes gesetzgeberisches Vakuum" und diene als Abschreckung. Es solle "die Täter bestrafen und die Opfer beschützen". Mit der gesellschaftlichen Öffnung Saudi-Arabiens steigt unter Frauen in dem ultrakonservativen Land die Furcht vor sexuellen Übergriffen. Das Gesetz war von König Salman im Hinblick auf das Ende des Frauenfahrverbots in Saudi-Arabien bereits angekündigt worden: Am 24. Juni sollen Frauen auch im letzten Land der Erde Autos steuern dürfen. Viele von ihnen haben allerdings seit der Verkündung der Entscheidung im September 2017 Angst, als Neulinge auf der Straße den Männern schutzlos ausgeliefert zu sein. 

Freiheit hinterm Steuer

Überschattet wird die Reform vom Vorgehen der saudischen Behörden gegen Frauenrechtlerinnen: In den vergangenen Tagen waren nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen mehrere Feministinnen festgenommen worden. Die Sorge um die elf Frauen wächst. Sie hatten sich seit langem für die Aufhebung des Fahrverbots für Frauen eingesetzt.

Unterstützung von "Feinden"

Die Behörden beschuldigen die Festgenommenen des "verdächtigen Kontakts" mit ausländischen Akteuren, der finanziellen Unterstützung von "Feinden" sowie des Versuchs, die Stabilität des Königreichs zu untergraben. Berichte staatlich unterstützter Medien bezeichneten einige der Inhaftierten als Verräter. Während einige Menschenrechtsaktivisten inzwischen freigelassen wurden, bleibt das Schicksal anderer Festgenommener nach Angaben von Amnesty International unklar. Ihnen droht die Todesstrafe.

Das Büro des UN-Menschenrechtskommissars zeigte sich irritiert darüber, dass die Behörden des Landes während des Reformprozesses gerade die Menschen verfolgten, die sich für die Reformen einsetzen. Sollten die Inhaftierten nur wegen ihres Engagements für Frauenrechte festgenommen worden sein, "sollten sie sofort freigelassen werden", hieß es. Die Behörden reagierten bisher nicht auf Anfragen zu den jüngsten Festnahmen.

Reformkurs für Wirtschaftswachstum

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hatte in den vergangenen Monaten einige Reformen eingeleitet, um sein Land zukunftsfähig zu machen. Dazu zählt etwa die Aufhebung des Fahrverbots für Frauen. Saudi-Arabien ist das einzige Land der Welt, in dem Frauen bislang nicht Auto fahren dürfen. Zudem beendete der Kronprinz ein Jahrzehnte altes Kinoverbot, erlaubte Konzerte mit einem gemischten Publikum aus Männern und Frauen und schränkte die Befugnisse der gefürchteten Religionspolizei ein. Kronpriz Salman will so den Umbau der vom Öl abhängigen Wirtschaft Saudi-Arabiens vorantreiben und dafür Frauen stärker den Weg auf den Arbeitsmarkt öffnen.

sam/uh (afp, dpa)