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Siemens: Ziemlich erfolgreich, trotz Corona

12. November 2020

Siemens ist nicht irgendein Konzern, Siemens ist deutsche Industrie. An Siemens kann man ablesen, wie diese Industrie durch die Corona-Krise kommt: gut, aber mit Blessuren. Und dann geht auch noch der langjährige Chef.

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Siemens I Symbolbild
Bild: Sebastian Kahnert/dpa/picture-alliance

Dass Joe Kaeser seinen Siemens-Konzern in den letzten Jahren derart umgebaut hat, dass das Traditionshaus kaum mehr wiederzuerkennen ist, das ist längst offensichtlich. Nun hat Vorstandschef Kaeser seine letzte Bilanz vorgelegt, bevor er im kommenden Frühjahr geht. Das operative Ergebnis aus dem Industriegeschäft lag Ende September mit 7,6 Milliarden Euro nur um drei Prozent unter dem Vorjahresniveau. Bei Siemens endet das Geschäftsjahr mit dem September. 

Umsatz und Auftragseingang gingen bei Siemens im gesamten Geschäftsjahr leicht zurück, der Umsatz um zwei Prozent auf 57,1 Milliarden Euro, der Wert der Aufträge um sieben Prozent auf 60,0 Milliarden Euro.

Deutschland Corona-Krise - Maschinenexporte brechen ein
Traditionsunternehmen: Siemens DampfturbinenBild: Daniel Karmann/dpa/picture-alliance

Der Nettogewinn sank um immerhin ein Viertel, das sind aber immer noch 4,2 Milliarden Euro. Dahinter verbergen sich gewaltige Verschiebungen in der Struktur des Konzerns. Und dahinter zeigen sich auch allerlei Probleme.

Ohne die Energiesparte

Siemens Energy gehört nicht mehr in diese Bilanz. Im September wurde die Energiesparte abgespalten und an die Börse gebracht. Das durch die Abspaltung entstandene Unternehmen mit gut 90.000 Mitarbeitern meldete bei seiner ersten eigenen Bilanz unlängst einen Verlust von 1,9 Milliarden Euro für das abgeschlossene Geschäftsjahr. Bis wann Siemens Energy unterm Strich profitabel sein wird, blieb offen.

Auch die Siemens-Antriebssparte Flender verkaufte Kaeser in den vergangenen Monaten - für zwei Milliarden Euro. Schon 2018 war die Medizintechniktochter Siemens Healthineers an die Börse gekommen. Und die Spatzen pfeifen es von den Dächern, dass Siemens aus dem Gemeinschaftsunternehmen mit dem französischen Autozulieferer Valeo, das sich um Elektroautos dreht, aussteigen könnte.

Windrad von Siemens I Siemens Energy
Nicht mehr dabei: Windenergieanlage von Siemens EnergyBild: Patrick Pleul/dpa/picture-alliance

Valeo Siemens mit Sitz in Erlangen baut Komponenten für Elektroautos und Hybridfahrzeuge, eigentlich ein Geschäft mit Zukunft, sollte man meinen. Jetzt musste Siemens aber fast eine halbe Milliarde Euro auf das Gemeinschaftsunternehmen abschreiben. Das Joint Venture schreibt seit seiner Gründung 2016 Verluste, in Medienberichten hatte es schon Anfang des Jahres geheißen, Siemens werde seine Anteile an dem Unternehmen mit rund 2500 Mitarbeitern bis Ende 2021 an Valeo abgeben. Dazu äußerte sich das Unternehmen jetzt nicht.

"Undurchsichtiges Konglomerat"

Wohl aber lobte sich der scheidende Chef selbst: Nach den Abgängen diverser Sparten sei "das neue Siemens hervorragend aufgestellt, um die gewaltige industrielle Transformation zu gestalten", sagte Kaeser. "Wir haben jetzt Zahlen vorgelegt, die schwerlich zu toppen sind“, fügte er gegenüber DW hinzu. Die Siemens-Erträge entsprächen "in etwa dem Niveau vor der Pandemie".

"Der Übergang von einem schwer berechenbaren und undurchsichtigen Konglomerat zu einem fokussierten und transparenteren Unternehmen mit einer klaren Struktur von Verantwortung und Verantwortlichkeit war dringend notwendig", hatte Kaeser bei der Bilanzvorstellung laut Redetext eingeräumt. Im Februar 2021 nimmt er endgültig seinen Hut.

Deutschland | DW | Siemens-Chef Joe Kaeser
Scheidender Chef: Siemens-Vorstandsvorsitzender Joe KaeserBild: DW/D. Winter

Ziemlich viel Transformation für ein 173 Jahres altes Unternehmen, das im September rund 293.000 Menschen weltweit beschäftigte. Und der Umbau geht weiter. Man habe es nun statt mit einem "Konglomerat" mit einem "fokussierten Technologieunternehmen" zu tun, formulierte auch Kaesers Nachfolger Roland Busch, der bereits seit Anfang Oktober die Fäden zieht. Die neue Siemens AG präsentiert sich offiziell als Konzern, der "schwerpunktmäßig auf den Gebieten intelligente Infrastruktur bei Gebäuden und dezentralen Energiesystemen sowie Automatisierung und Digitalisierung in der Prozess- und Fertigungsindustrie" aktiv ist.

Die größten Zuwächse erwartet Siemens in der Zugsparte Mobility, die auf einem großen Auftragsbestand sitzt, aber die geringsten Margen aufweist. Die Sparte Intelligent Traffic Systems, die mit Verkehrssteuerungssystemen für Straßen und Städte 600 Millionen Euro umsetzt, soll ausgegliedert werden. Ein Verkauf sei aber nicht geplant, betonte ein Sprecher.

ar/hb (rtr, dpa - Siemens)