1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Kornkammer Chinas

Frank Sieren31. Juli 2015

Nach einem Jahr Russlandsanktionen investieren die Chinesen immer mehr in die Ukraine. Sie sind der lachende Dritte, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

https://p.dw.com/p/1G8Cq
Ukraine Landwirtschaft Weizenernte
Bild: Genia Savilov/AFP/Getty Images

Heute jähren sich die Sanktionen der EU gegen Russland zum ersten Mal. Während Russland und der Westen kaum aufeinander zugehen, hat Peking gehandelt. Alleine seitdem Russland die Krim annektierte, hat Kiew seinen Agrarhandel mit Peking um über 50 Prozent gesteigert. Ausgerechnet das krisengebeutelte Land ist im ersten Halbjahr zum weltgrößten Lieferanten von Getreide für die Chinesen geworden, weil die Russen kaum noch was abnehmen und die Europäer nichts brauchen. Damit haben sie die USA abgelöst, die traditionell Chinas größter Getreidelieferant waren.

Die Ukrainer mussten in ihrer schwierigen Lage günstige Preise machen. Teilweise gab es bis zu 50 Prozent Nachlass beim Kauf von landwirtschaftlichen Unternehmen. Und Peking interessiert sich nicht nur für die Nahrungsmittel aus der Ukraine, sondern will auch in Bereichen wie Technologie, Immobilien und Wissenschaft stärker mit dem Land zusammenarbeiten. Im März pumpte Peking Kredite in Höhe von 15 Milliarden Dollar in den ukrainischen Immobilienmarkt, der am Boden war, und vertiefte die wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Luftfahrtindustrie. Am 8. Juli erst fand das erste chinesisch-ukrainische Forum für Wissenschaft und Technologie statt. Peking verkündete dort, die Ukraine beim Aufbau von Informationstechnologie unterstützen zu wollen.

Keine politischen Vorbedingungen von Peking

Gut vorstellbar, dass die Ukrainer das Peking so schnell nicht vergessen. Anders als die USA und die EU trennt China seine Investitionen von jeglichen politischen Bedingungen, so wie China dies schon seit einigen Jahren auch in Afrika, Lateinamerika, Südostasien und Australien tut. Und Peking schlägt sich in dem Konflikt auch nicht auf eine Seite. Sogar Zumutungen aus Kiew lässt sich Peking gefallen. Das Land ist einfach strategisch zu wichtig: Kiew hat kürzlich die kommunistische Partei in der Ukraine verboten.

Frank Sieren
DW-Kolumnist Frank SierenBild: Frank Sieren

Die Ukraine ist für Peking aber nicht nur ein wichtiger Nahrungsmittel-Lieferant und Technologiepartner, sondern auch Chinas wichtigster Lieferant von Rüstungsgütern. Der einzige chinesische Flugzeugträger beispielsweise stammt aus der Ukraine. Peking lebt gut davon, der lachende Dritte zu sein. Allerdings gibt es ein Risiko, das man nicht unterschätzen sollte: Eskaliert der Konflikt, ist das Engagement der Chinesen erst einmal für die Katz.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.