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Kein Risiko

Frank Sieren2. September 2016

Peking überlässt beim G20-Gipfel in Hangzhou nichts dem Zufall. Blauer Himmel, gute Luft, ausgesuchte Freiwillige. Doch alles kann Peking nicht kontrollieren, meint DW-Kolumnist Frank Sieren.

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China G20 Vorbereitungen Billboard
Bild: Reuters/A. Song

Das Gipfeltreffen der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer steht am kommenden Wochenende bevor. Für das Gelingen am 4. und 5. September in Hangzhou hat Peking keine Kosten gespart, denn China hält zum ersten Mal die Präsidentschaft der G20. Es geht aber nicht nur um Prestige. Vor allem sollen alle Nationen am gleichen Strang ziehen. Damit würde auch das Risiko sinken, dass man gemeinsam gesetzte Ziele nicht erfüllt. Und auch wenn es schon zahlreiche Veranstaltungen im Vorfeld gab, wie zum Beispiel das Treffen der Finanzminister im Juli in Chengdu, es ist das erste Mal, dass so viele Staatschefs nach China kommen.

Die Agenda, die sich die G20-Nationen gesetzt haben, ist ehrgeizig. Es soll um den Aufbau einer innovativen, gesunden, kohärenten und gerechten Wirtschaft gehen. Der Kampf um den Klimawandel, die iranische und nordkoreanische Atomfrage werden genauso auf der Agenda stehen, wie Cybersicherheit und Terrorbekämpfung. Das alles vor dem Hintergrund, dass Chinas Wirtschaft im zweiten Jahr langsamer wächst, US-Wahlen anstehen, Europa mit dem Brexit beschäftigt ist und der Terrorismus weltweit zugenommen hat. Das Wachstum der Welt ist zudem ins Stottern gekommen. Einerseits konsumieren die Industrieländer nicht mehr wie einst. Und die Schwellenländer, wie Brasilien, Südafrika und Russland, die in der G20 vertreten sind, investieren nicht so viel, wie einst erhofft.

Ehrgeizige Agenda

Doch die G20-Nationen haben sich auf die Fahne geschrieben, bis 2018 das Weltsozialprodukt um zwei Prozent zu erhöhen. China mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern trägt rund ein Prozent zum weltweiten Wachstum bei. Der Anteil Chinas am Weltsozialprodukt liegt jetzt schon bei über 15 Prozent. Beim Kampf gegen den weltweiten Terror ist Peking zu einem unverzichtbaren Vermittler geworden für Länder wie Syrien und Iran und Irak. Und das aus Eigeninteresse, denn die Volksrepublik will einerseits den Terror aus den Unruheregionen im Westen des Landes fernhalten, und gleichzeitig sollen Chinesen im Ausland nicht Opfer eines Terroraktes werden. Nur um die Dimension zu verstehen: 120 Millionen Chinesen reisten im vergangenen Jahr ins Ausland.

Noch eine viel größere Rolle kommt China durch die Asiatische Infrastrukturbank (AIIB-Bank) zu. Die AIIB-Bank unterstützt seit Anfang des Jahres Infrastrukturprojekte in den Schwellenländern, die sonst keine Geldgeber finden. 1,2 Milliarden Dollar sollen dieses Jahr allein für Projekte von der AIIB kommen. Auch der Traum von "One Belt, One Road" - also der Wiederbelebung der Handelswege der historischen Seidenstraße - lässt Gebiete wie Kasachstan, Kirgisistan und Pakistan neu aufblühen. In seiner vollen Entfaltung wollen die Chinesen aber vor allem ihr Land und auch ihre Führungsfähigkeit, wenn es um internationale Fragen geht, zeigen.

Frank Sieren *PROVISORISCH*
DW-Kolumnist Frank SierenBild: picture-alliance/dpa/M. Tirl

"G20-Blau" dank Fabrikschließungen

Dass Peking bei dem Besuch der Staatschefs am kommenden Wochenende nichts dem Zufall überlässt, ist somit nicht verwunderlich. Die Bilder aus Hangzhou sollen - wie es so häufig bei solchen Großveranstaltungen üblich ist – der Welt zeigen, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft auf der internationalen Bühne an Bedeutung gewinnt. Dazu wurden im Vorfeld nicht nur 140.000 Taxifahrer überprüft, um für die Sicherheit der Besucher zu sorgen, sondern auch aus 26.000 Bewerbern aus den Universitäten der Provinz Zhejiang nur 3.900 Freiwillige gewählt, die während des G20-Gipfels die Gäste im flüssigen Englisch betreuen dürfen.

Doch die Anstrengungen zeigen auch, wie ernst die Lage ist: Für zwei Wochen schließen rund 255 Fabriken aus Branchen der Petrochemie, der Stahl- und Zementproduktion in der Umgebung und fahren die Produktion runter. Dadurch sollen die Luftwerte in Hangzhou gesünder werden. Vor allem durch Fabrikabgase, die als Smogwolken aus Shanghai herüberwehen, liegen die Feinstaubwerte auch in Hangzhou rund ums Jahr über den empfohlenen Werten der WHO. Zum G20-Gipfel sollen sie durch die Zwangsschließungen niedrig gehalten werden und der Himmel über Hangzhou blau leuchten. Im Netz wird schon vom "20-Blau" gesprochen. 2014 kam der Begriff "APEC-Blau" auf, als China zum Treffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) Fabriken dichtmachte, damit die Gäste aus dem Ausland bei blauem Himmel beraten konnten. Der Erfolg blieb damals nicht aus.

Wie weiter im Kampf gegen den Klimawandel?

Putin und Obama, werden bei dem Gipfel ein letztes Mal aufeinandertreffen, was auch für Chinas Präsidenten Xi Jinping und seinen US-Amtskollegen Barack Obama gilt. Dabei hatten sich beide gerade im Kampf gegen den Klimawandel in den vergangenen Jahren endlich angenähert und sich gemeinsam groß auf die Fahne geschrieben, CO2-Emissionen einzudämmen. China hat immerhin alle Weichen gelegt. Es bleibt vieles nun an den restlichen Nationen der G20-Länder.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.