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Signale stehen auf Schwarz-Rot

Heiner Kiesel18. Oktober 2013

Die Zeichen stehen auf eine Neuauflage der Großen Koalition. Die inhaltlichen Bedingungen müssen jetzt ausgehandelt werden. Doch eine wichtige Frage dürfte bereits abgesprochen sein.

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CDU-Chefin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) - Foto: Fabrizio Bensch
Bild: Reuters

Und jetzt? Die Sondierungsgespräche waren erfolgreich. "Wir glauben, das wir gemeinsam eine Basis finden können", hatte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel am Donnerstag (17.10.2013) verkündet. Als "fair und intensiv", kommentierte die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel die Gespräche in einer Telefonkonferenz mit dem Präsidium ihrer Partei. Aber ansonsten ist recht wenig bekannt über die Absprachen, die zu diesen Einschätzungen geführt haben. Es habe Bewegung bei der Frage um einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro gegeben, hieß es, ebenso bei der Zuwanderung. Dafür könnte es sein, dass die SPD auf Steuererhöhungen verzichtet, so CSU-Chef Horst Seehofer in der "Süddeutschen Zeitung". "Bis Weihnachten", so der bisherige Verkehrsminister und Parteikollege Seehofers, Peter Ramsauer, "haben wir eine neue Regierung".

Schwarz-rotes Kabinett nach der Ernennung 2005 - Foto: Tim Brakemeier
Schwarz-rotes Kabinett nach der Ernennung 2005: Koalition auf AugenhöheBild: picture-alliance/dpa/dpaweb

Wie wird diese Regierung aussehen? Bei nur einem Posten ist gewiss, wer ihn besetzen wird: Angela Merkel wird in einer Großen Koalition Bundeskanzlerin. Bei den restlichen Ministerien ist eigentlich noch alles offen. Bei der letzten Großen Koalition von 2005 bis 2009 konnten die Sozialdemokraten acht Ministerien besetzen - darunter das Außen-, Arbeits- und Finanzministerium. Damals konnte die SPD bei der Bundestagswahl noch ein neun Prozentpunkte höheres Ergebnis erzielen und wurde die stärkste Einzelpartei im Bundestag. Die Verhandlungen damals fanden auf Augenhöhe statt. Diesmal sind die Sozialdemokraten schwächer aufgestellt und die Unionsparteien viel stärker. Dieser Abstand müsse sich auch in der Verteilung der Ministerposten widerspiegeln, meint Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU).

Der zweite Platz im Kabinett

Aber es gibt einen Posten, auf den die Sozialdemokraten einfach nicht verzichten werden können. Nur offen reden können sie darüber noch nicht. Er ist das gewichtigste Argument, um den Konvent der Partei davon zu überzeugen, dass es sich lohnt, Koalitionsgespräche zu führen und schließlich unter der Ägide Angela Merkels mit in der Regierung zu sein.

Der Konvent findet am Wochenende unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und das gibt den Verhandlungsführern die Möglichkeit, die Vertraulichkeit der Vereinbarungen der Sondierungsgespräche zu bewahren. Man darf davon ausgehen, dass der Mindestlohn in etwa nach den Vorstellungen der Sozialdemokraten ausfallen wird, denn das, so hatte Gabriel verkündet, sei eine "Aufgabe, ohne die eine Koalition aus der Sicht der SPD keinen Sinn machen würde." Und dann geht es natürlich um die Option auf das Finanzministerium.

Ansprüche auf das Finanzressort sind nach der Wahl wiederholt von den Sozialdemokraten geäußert worden. Es ist der zweitmächtigste Posten im Kabinett. Bei allen finanzpolitischen Entscheidungen der Regierung kann der Finanzminister sein Veto einlegen - und damit sogar die Kanzlerin stoppen. Artikel 112 des Grundgesetzes legt außerdem fest: "Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der Zustimmung des Bundesministers der Finanzen." Der amtierende Ressortchef Wolfgang Schäuble (CSU) hat von seinem Ministerium aus vereitelt, dass die FDP in der zurückliegenden Legislaturperiode ihre Wahlversprechen in punkto Steuersenkungen umsetzen konnte.

Die anderen Optionen

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble - Foto: Maurizio Gambarini (dpa)
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble: An den Schalthebeln der MachtBild: picture-alliance/dpa

Überhaupt Schäuble: Der Unionspolitiker wurde - neben der Kanzlerin - zur Symbolfigur für das deutsche Konfliktmanagement in der Finanz- und Wirtschaftskrise. Umfragen zufolge genießt er - nach der Kanzlerin - die höchste Wertschätzung in der Bevölkerung. Und dass er trotz der Parteiengespräche in Berlin unverdrossen und geradezu ostentativ weiter seine Termine als Finanzchef wahrnimmt, darf als Zeichen gewertet werden, dass er seinen Dienstsitz in der Wilhelmstraße behalten will. Von dort aus könnte er Mindestlöhne und -renten torpedieren. Das würde der SPD die letzte Glaubwürdigkeit rauben.

Und wenn es nicht klappt? Koalitionsgespräche können auch scheitern. Aber für diesen Fall stehen auch die Grünen noch im Hintergrund bereit. Die Option auf erneute Gespräche mit der Union will sich die Grünenführung auch nach ihrem Parteitag am Wochenende offen halten. Vielleicht kommt es auch ganz anders: Der Parteivorsitzende Cem Özdemir hat der SPD in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa geraten, dass sie "die Linkspartei aus der Komfortzone entlässt und ebenfalls einlädt zu Gesprächen". Rein rechnerisch besteht noch immer eine rot-rot-grüne Mehrheit im Bundestag. Und die inhaltlichen Differenzen dieser Parteien erscheinen im Vergleich zu denen mit der CDU/CSU überschaubar.