1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikAfrika

Simone Gbagbo: "Kandidatur Ouattaras ist unzulässig"

5. Oktober 2020

Die Oppositionspolitikerin und ehemalige First Lady der Elfenbeinküste, Simone Gbagbo, kritisiert im Interview den amtierenden Präsidenten Alassane Ouattara - und spricht über eigene politische Ambitionen.

https://p.dw.com/p/3jSz1
Elfenbeinküste Simone Gbagbo
Bild: Julien Adayé/DW

Am 31. Oktober wird in der Côte d'Ivoire ein neuer Präsident gewählt. Doch schon jetzt ist die Wahl umstritten: Von ursprünglich 44 Bewerbern hat die Wahlkommission im September nur vier zur Wahl zugelassen. Die Entscheidung hat im Land heftige Proteste ausgelöst. Unter anderem sind die beiden im Exil lebenden, prominenten Politiker Laurent Gbagbo und Guillaume Soro nicht zur Wahl zugelassen worden. Antreten darf hingegen Amtsinhaber Alassane Ouattara, der für eine dritte Amtszeit kandidiert - was er nach Ansicht vieler Ivorer aufgrund der verfassungsmäßigen Begrenzung auf zwei Amtszeiten eigentlich gar nicht dürfte.

Simone Gbagbo, Ehefrau von Ex-Präsident Laurent Gbagbo, ist derzeit zweite Vizepräsidentin der Oppositionspartei Ivorische Volksfront (FPI). Im Interview spricht sie über die Kandidatur Ouattaras, ihre eigenen politischen Ambitionen und Vorwürfe aus ihrer Zeit als First Lady der Elfenbeinküste zwischen 2000 und 2010.

"Müssen Rechtsstaat werden"

DW: Seit der amtierende Präsident Alassane Ouattara am 6. August seine Kandidatur für eine dritte Amtszeit angekündigt hat, gehen die Ivorer auf die Straße und demonstrieren gegen diese Entscheidung. Glauben Sie auch heute noch, dass diese dritte Kandidatur von Ouattara gegen die Verfassung der Elfenbeinküste verstößt?

Simone Gbagbo: Die dritte Kandidatur von Alassane Ouattara ist vollkommen unzulässig und verfassungswidrig. Und Ouattara weiß das auch. Als er 2015 die neue Verfassung durch die Nationalversammlung bestätigen ließ, hat er selbst gesagt, dass er sich nicht für eine dritte Amtszeit bewerben könne und es auch deshalb nicht tun werde. Die Ivorer haben diese Aussage damals begrüßt. Denn sie wollen schlicht, dass die Gesetze und die Verfassung unseres Landes respektiert werden. Wir müssen ein Rechtsstaat werden. Nur wenn wir unsere Gesetze respektieren, können wir eine starke Nation werden.

Geschieht das aber nicht, protestieren die Ivorer. Dann werden sie nicht aufhören, auf die Straße zu gehen. Weil wir es nicht zulassen werden, dass unsere Verfassung mit Füßen getreten wird. In der momentanen Situation können und werden wir an keiner Wahl teilnehmen, das ist klar. Wir gehen nicht hin und es wird so auch keine Wahlen geben.

Viele Menschen glauben, dass Sie selbst sich als Kandidatin zur Wahl im Oktober aufstellen lassen werden. Was sagen sie dazu?

Wir müssen Schritt für Schritt vorgehen und das machen, was gerade getan werden muss. Und im Moment muss sicher nicht über meine Kandidatur gesprochen werden. Oder darüber, dass jemand anders [als Laurent Gbagbo, Anm. d. Red.] der FPI sich aufstellen lässt. Für mich ist das gerade nicht wichtig. Für mich ist vielmehr wichtig, dass wir gemeinsam allgemeine Wahlen organisieren können und dass wir die Demokratie in unserem Land retten.

"Frau ist immer schuld"

Was antworten Sie denen, die Ihnen vorwerfen, dass Sie für politische Fehler während der Präsidentschaft Ihres Mannes Laurent Gbagbo verantwortlich sind?

Was genau soll ich getan haben?

Jedes Mal wird gesagt, Sie seien Schuld gewesen - ob in der Wahlkrise oder als Laurent Gbagbo vor den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) gebracht wurde. Immer hieß es, es ist der Fehler seiner Frau.

Wie Sie wissen, sind wir in Afrika. Sobald hier dem Ehemann etwas zustößt, ist immer die Frau schuld. Auch wenn er stirbt denkt man gleich, seine Frau hat ihn getötet. Ich würde das darauf zurückführen.

Elfenbeinküste Ex-Präsident Laurent Gbagbo mit seiner Frau Simone
Damals noch First Lady und Präsident: Simone Gbagbo mit ihrem Ehemann Laurent Bild: Reuters/L. Gnago

Ihr Name wird auch oft im Zusammenhang mit den Todesschwadronen und dem Verschwinden des franco-kanadischen Journalisten Guy-André Kieffer genannt. Sie äußern sich dazu allerdings nie öffentlich.

Zu den Todesschwadronen kann ich nur sagen, dass ich zum ersten aus dem Mund der Franzosen darüber gehört habe. Ich glaube wir haben in der Elfenbeinküste ein französisches Komplott erlebt. Während der Zeit von Chirac und später Sarkozy hat Frankreich entschieden, dass Laurent Gbagbo nicht das Recht habe, sich in der Elfenbeinküste aufzuhalten. Und sie haben Vorkehrungen getroffen um ihn von seinem Posten zu entfernen. Also musste auch sein Umfeld bösartig sein. So wurde ich Chefin einer Todesschwadron, obwohl mir nie jemand Beweise für diese Anschuldigung vorlegen konnte. Ich habe das beobachtet, aber lieber nichts dazu gesagt. Zu dieser Zeit, Anfang 2002 bis 2003, gab es in Paris eine gerichtliche Auseinandersetzung zwischen mir und der französischen Presse, die diese Geschichte aufbauschen wollte. Ich habe alle meine Prozesse gewonnen, auch als sie in Berufung gegangen sind. Ich nutze keine Waffen um meine Ideen darzustellen und zu teilen. Also sage ich nichts zu den Todesschwadronen.

Von Guy-André Kieffer habe ich überhaupt erst nach seinem Tod etwas gehört. Da war ich überrascht zu hören, dass es schon wieder ich gewesen sein soll. Ich weiß nicht, warum ich hier verdächtigt werde, aber ich habe Herrn Kieffer nicht gekannt und auch niemals getroffen.

Wahl der alten Männer

Manche Ivorer meinen, dass die Zeit gekommen sei, dass Ouattara, Bédié und Gbagbo der kommenden Generation die Hand reichen und sich selbst aus der Politik zurückziehen sollten, damit es Frieden geben kann. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Aber Generationen sind doch dazu da um aufeinander zu folgen. Wenn die Ivorer bei den Wahlen jemanden nicht mehr an der Spitze des Staates haben wollen, kann sich die Jugend organisieren, sie kann die Alten dazu auffordern, ihre Nachfolge zu regeln. Das muss nur ruhig und friedlich vonstatten gehen. Wer den Willen hat und sich für stark genug hält, um an die Macht zu kommen und seinen Hut in den Ring wirft, der kann es schaffen, egal zu welcher Generation er gehört. In lebendigen Staaten kann es zu solchen Situationen kommen. Die Demokratische Partei in den USA wird auch den Kandidaten aus ihren Reihen aufstellen, der die besten Siegchancen hat, ganz gleich, wie alt er ist. Wenn er noch sehr jung ist, umso besser, sofern er erfahren und weise ist. Wenn es ein älterer Mensch mit Erfahrung und Weisheit ist, auch gut. Seine Entscheidungen müssen jedoch in Frieden und mit Respekt auf alle anderen getroffen werden und nicht mit einem äußeren Druck dahinter, wie es oft der Fall ist.