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Birgit Sippel: "Die USA haben den Geist des Abkommens missbraucht"

Christian Ignatzi23. Oktober 2013

Das EU-Parlament will das SWIFT-Abkommen mit den Vereinigten Staaten aussetzen. Die USA hätten sich nämlich nicht an das Bankdatenabkommen gehalten, nur Terroristen auszuspähen, sagt SPD-Abgeordnete Birgit Sippel.

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Birgit Sippel (* 29. Januar 1960 in Bochum) ist eine deutsche sozialdemokratische Politikerin und seit der Europawahl 2009 Mitglied des Europäischen Parlamentes. (Foto: privat)
Bild: privat

DW: Was genau regelt das SWIFT-Abkommen?

Birgit Sippel: Das Abkommen regelt, unter welchen Bedingungen der Zugriff auf Bankdaten durch die USA erlaubt ist, und unter welchen Bedingungen wir Bankdaten an die USA liefern. Wir hatten diesem Abkommen zugestimmt, weil es ein guter Schritt sein kann, organisierte Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen.

Das Europaparlament hat jetzt für eine Aussetzung des Abkommens gestimmt. Warum?

Angesichts der vielen Berichte über die Ausspähprogramme des US-Geheimdienstes NSA muss man die Vorwürfe ernst nehmen und ein klares Zeichen setzen. Damit sagen wir: Wir lassen uns nicht alles gefallen, wollen aber mit den USA zusammenarbeiten. Europäische Bürger sind keine Terroristen, die man wahllos ausspioniert. Die Bürgerrechte müssen gesichert werden. Und ich glaube, ohne eine Aussetzung kommt dieses Signal bei den USA nicht an. Ich hoffe aber vor allem, dass dieses Signal bei den Mitgliedsstaaten ankommt, die ja bisher in dieser Frage auch nicht sonderlich aktiv geworden sind.

Haben die Vereinigten Staaten das Abkommen missbraucht?

Sie haben den Geist des Abkommens missbraucht. Wenn sich jetzt herausstellt, dass durch Zugriff auf Server, Kabel oder was auch immer noch mehr Bankdaten abgegriffen wurden, wäre das ein klarer Verstoß gegen das Abkommen. Die wahllose Überwachung, auch von Bürgerdaten, von europäischen Institutionen und vielen anderen Dingen mehr, lässt deutliche Zweifel daran aufkommen, dass die Datensammlung allein der Bekämpfung des Terrorismus und seiner Finanzierung dient. Man muss davon ausgehen, dass die Daten auch für andere Zwecke genutzt werden.

Welche Auswirkungen hätte eine Aussetzung des Abkommens?

Ich könnte weiterhin mein Geld in die USA überweisen, wenn ich dort etwas einkaufe oder geschäftlich unterwegs bin. Ich würde die Daten damit aber nicht mehr an US-Behörden weitergeben.

Wie lange könnte das Abkommen ausgesetzt werden?

Das hängt sowohl von den Mitgliedsstaaten als auch von den USA ab. Und auch davon, wie bereitwillig die USA mit uns zusammenarbeiten, um klare Belege für oder gegen das Ausspähen von Bankdaten zu bekommen. Als Sozialdemokraten sagen wir: Wir wollen es aussetzen, um ein Zeichen zu setzen, aber nicht ewig. Wir fordern die Mitgliedsstaaten auf, die Vorwürfe jetzt konkret zu prüfen.

A member of the European Parliament attends a debate on the state of union, in Strasbourg, September 11, 2013. REUTERS/Vincent Kessler (FRANCE - Tags: POLITICS)
Nach dem EU-Parlament müssten auch die Regierungen der EU-Mitglieder die Aussetzung beschließenBild: Reuters

Die Aussetzung des Abkommens wäre also ein Erfolg?

Ja, ich muss aber darauf hinweisen, dass mit unserem Beschluss der Resolution das Abkommen noch nicht direkt ausgesetzt wird. Wir brauchen dann auch noch eine Zwei- Drittel-Mehrheit im Rat der Europäischen Union, weil das Abkommen von beiden Häusern abgeschlossen worden ist. Dann ist der Rat aufgefordert, Position zu beziehen. Dennoch wäre ein Beschluss der Resolution ein Erfolg, weil sich der Rat dann positionieren muss, mit welcher Begründung er dem folgt oder mit welcher Begründung er es nicht für notwendig hält, Konsequenzen zu ziehen.

Wie wahrscheinlich ist es, dass der Rat der Abstimmung des Parlaments folgt?

Ich bin da nicht sonderlich optimistisch, wenn ich sehe, was bisher an Reaktionen seitens der Nationalstaaten erfolgt ist, angesichts mehrerer Vorwürfe.

Birgit Sippel (53), sitzt seit 2009 für die Sozialdemokraten im Europaparlament. Die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin arbeitet dort besonders an den Themen bürgerliche Freiheiten, Inneres und Strukturpolitik.