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Die Erforschung des Glücks

Gudrun Heise
20. März 2018

Wir messen unseren Blutdruck, wir messen Fieber und unseren Bodymaßindex. Aber, können wir Glück messen? Die Forscher wären froh, wenn sie eine zuverlässige und objektive Methode finden könnten.

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Kreativität Gehirn
Bild: Colourbox

Ich lächele, bin ich also glücklich? Wenn ja, wie glücklich bin ich? Und welche Art von Glück empfinde ich? Forscher unterscheiden zwei Formen dieses Gefühls: "Es gibt das eher kurzfristige Glückserleben, die akute Freude", sagt Professor Simon Eickhoff, Direktor des Instituts für Gehirn und Verhalten am Forschungszentrum Jülich. "Die andere Form hat etwas mit unserer Veranlagung zu tun und den individuellen Eigenschaften einer Person. Es ist eine längerfristige Haltung, nicht ein kurzes Hochgefühl." Schließlich ist Glück und das Streben nach Glück ein Hauptmotivator für menschliches Verhalten.

Ist uns das Glück in die Wiege gelegt?

Internationaler Momente-des-Lachens-Tag
Bild: Colourbox

Die Gene spielen beim Glück eine große Rolle. Jeder von uns hat eine genetische Disposition zum glücklich sein oder zum unglücklich sein. Abhängig davon entwickeln wir dann bestimmte persönliche Eigenschaften. Die wiederum wirken sich darauf aus, wie, wann und ob wir Glück empfinden.

Sind Mutter und Vater also in gewisser Weise verantwortlich dafür, ob wir mit Leichtigkeit durchs Leben gehen und viele glückliche Momente erleben? Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass wir zu 30 bis 50 Prozent von unseren Erbanlagen und frühkindlichen Erfahrungen geprägt sind. Das haben Vergleiche unter nahen Angehörigen gezeigt. "Jeder ist eines Glückes Schmied"? Dieser Spruch trifft also offenbar nur begrenzt zu. 

Ohne Hormone kein Glück

Entscheidend dafür, ob wir Glück erleben, sind auch verschiedene Hormone. Eines der wichtigsten ist der Neurotransmitter Dopamin, ein Botenstoff des Gehirns. Dieses Hormon wird zum Beispiel bei einem kurzfristigen, akuten Hochgefühl ausgeschüttet. Ein beliebtes Beispiel hierfür ist der Millionengewinn im Lotto und die Freude des glücklichen Gewinners darüber, die nicht ewig anhält. 

"Dopamin ist in Bereichen des Gehirns angesiedelt, die vor allem mit Belohnung zu tun haben. Es tritt in Aktion wenn etwas Positives passiert, etwas Schönes, mit dem ich nicht gerechnet habe." Darüber hinaus ist das Glückshormon Dopamin auch verantwortlich für unsere Motivation, für gesteigerte Wahrnehmungsfähigkeit und Leistung. Es kann einen regelrechten Glücksrausch auslösen. Aber es ist nicht das einzige Hormon, das sich um unsere positiven Gefühle kümmert.

Mehr dazu: Weltglückstag: Warum Deutsche glücklicher sind als man meinen könnte

Serotonin gehört ebenfalls zu den Glückshormonen. Es ist wichtig für unser Schmerzempfinden, ist aber auch an unserem Schlaf- und unserem Sexualverhalten beteiligt. Serotonin hat Auswirkungen auf unseren allgemeinen emotionalen Zustand. Es steigert unser Wohlempfinden und unsere Motivation.

Synaptische Kontakte
Nervenzelle im GehirnBild: picture-alliance/dpa

Noradrenalin hat seinen Platz im zentralen Nervensystem und in den Nebennieren. Vor allem bei Stress wird Noradrenalin ausgeschüttet. Es steuert, ob wir wach und aufmerksam sind, und auch dieses Hormon hat Einfluss darauf wie motiviert wir sind. Es steuert unsere geistige Leistungsbereitschaft.

Endorphine sind quasi unser körpereigenes Schmerzmittel. Wenn wir etwa schwer verletzt sind, werden sie ausgeschüttet und dämpfen die Schmerzen. Wir kommen in eine Art Rauschzustand. Endorphine sind für die Produktion unserer Sexualhormone zuständig. Sie werden auch ausgeschüttet, wenn wir Sport treiben. Das Glücksgefühl, das sich dabei normalerweise einstellt, liegt an den Endorphinen.

Oxytocin fördert die Wehen bei einer Geburt, regelt die Milchproduktion und hat großen Einfluss auf die allgemeine Beziehung zwischen Mutter und Kind. Angst und Stress werden durch Oxytocin verringert. Bei Frauen und bei Männern werden soziale Fähigkeiten wie beispielsweise Empathie gesteigert. Auch das kann durchaus glücklich machen. 

Dem Glück auf der Spur

Das Verfahren, das in der Wissenschaft zurzeit am häufigsten angewendet wird, um dem Glück auf wissenschaftlicher Ebene näher zu kommen, ist die sogenannte funktionelle Magnetresonanztomographie – kurz fMRT. Dazu wird der Proband in den MRT-Scanner gelegt. Dann werden verschiedene Tests durchgeführt.

Alle zwei Sekunden nehmen die Wissenschaftler ein Bild vom Gehirn auf. "Wir schauen dann, ob und wo sich die Aktivität im Gehirn verändert." Das ist der Fall, wenn dem Probanden etwas Positives passiert. Folglich schüttet der Körper Glückshormone aus und in einigen Regionen ändert sich die Aktivität des Gehirns.

Deutschland Karneval in Düsseldorf
Einfach ein schönes GefühlBild: picture-alliance/dpa/R. Weihrauch

Unfassbares Glück

Schon seit über 50 Jahren gehen Wissenschaftler der Frage nach, ob Glück messbar ist und ob sie es in neuronalen Aktivitäten und entsprechenden Mustern im Gehirn sichtbar machen können. "All unsere Emotionen beruhen auf relativ komplexen Netzwerken und Schaltkreisen", erklärt Eickhoff. "Das heißt: Es gibt nicht nur eine einzelne Region, die für Glücksemfinden zuständig ist. Es gibt eine Reihe von Regionen, die verschiedene Teilaspekte unseres Erlebens verarbeiten."

Glück ist also ein komplexes Zusammenspiel. "Natürlich wäre es schön, wenn man unser psychologisches Erleben – Glück – Angst, Freude, auf eine einzige Region im Gehirn zurückführen könnte und sagen: Diese Region ist aktiv, also erlebe ich jetzt gerade Glück. So einfach ist es aber leider nicht." Trotz aller technischen Errungenschaften und Möglichkeiten zur Analyse kann nur jeder einzelne von uns beurteilen, ob er glücklich ist und wie glücklich er ist – zumindest rein subjektiv.