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Skepsis über Todesstrafen-Reform in China

25. August 2010

China will die Todesstrafe auf 13 Delikte abschaffen. Doch ob dadurch die Zahl der Hinrichtungen wirklich gesenkt wird, ist unklar.

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Ein zum Tod verurteilter Drogendealer bei der öffentlichen Urteilsverkündung 2006 (Bild: AP)
Ein zum Tod verurteilter Drogendealer bei der öffentlichen Urteilsverkündung 2006Bild: AP

Für die einen ist es ein wichtiger Schritt der Menschenrechtspolitik, für die anderen eine kosmetische Reform. Laut der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua soll ein Ausschuss des Nationalen Volkskongresses in dieser Woche über eine Reform der Todesstrafe beraten. 13 Delikte sollen aus der Liste der Straftaten gestrichen werden, die mit dem Tod bestraft werden können. Im Moment können 68 Straftaten in China mit dem Tod geahndet werden. Es sind vor allem Wirtschaftsdelikte, für die Todesstrafe nicht mehr verhängt werden können soll. Dazu gehören so kuriose Verbrechen wie Antiquitätenschmuggel, das Fälschen von Mehrwertsteuerbelegen oder Kreditbetrug. Angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Landes, stelle die Abschaffung der Todesstrafe für diese Vergehen keine Gefahr für die "soziale Stabilität und die öffentliche Sicherheit dar", ließ der Volkskongress-Abgeordnete Li Shishi verlauten.

Amnesty International: "Nicht überzeugt"

Amnesty-Aktivisten demonstrieren 2008 gegen China (Bild: dpa)
Amnesty-Aktivisten demonstrieren 2008 gegen ChinaBild: picture-alliance /dpa

Menschenrechtsorganisationen haben den Schritt zurückhaltend aufgenommen. "Hier werden nur Delikte gestrichen, die ohnehin selten mit dem Tod bestraft werden", sagte Catherine Barber, Vizedirektorin von Amnesty International in London. "Wir sind nicht überzeugt, dass die Reform grundsätzliche Auswirkungen haben wird." In Nuancen optimistischer ist die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. "Im Prinzip ist es positiv, dass China anfängt, diese schwere Menschenrechtsverletzung aufzuarbeiten", sagte die Vorsitzende des Deutschland-Büros von HRW gegenüber der DW, fügt aber hinzu: "Es ist aber nur ein erster Schritt, der dazu führen muss, dass die Todesstrafe langfristig abgeschafft wird." Auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung hofft auf weitere Maßnahmen. Deutschland werde die chinesische Regierung in "ihrem selbstgenannten Ziel", die Todesstrafe langfristig abzuschaffen, "gerne und nach Kräften unterstützen".

Todesstrafe für korrupte Beamte

Markus Löning, Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung (Bild: dpa)
Markus Löning, Menschenrechtsbeauftragter der BundesregierungBild: picture alliance / dpa

Wie viele Menschen in China jedes Jahr hingerichtet werden, ist nach wie vor ein Staatsgeheimnis. Amnesty International spricht von mehreren Tausend Exekutionen im Jahr, die amerikanische Duihua-Stiftung, der besonders gute Kontakte nach China nachgesagt werden, schätzt die Zahl der Hinrichtungen auf 4000 im Jahr. In den achtziger und neunziger Jahren hat die Regierung die Todesstrafe mehrfach ausgeweitet. Unter anderem sollen Hinrichtungen korrupter Beamter den Willen der Führung demonstrieren, hart gegen Beamte vorzugehen, die sich im Amt bereichern. In den letzten Jahren scheint aber ein Umdenken eingesetzt zu haben. Seit Anfang 2007 müssen alle Urteile vom obersten Volksgerichtshof bestätigt werden. Beobachter gehen davon aus, dass die Zahl der Hinrichtungen seitdem gesunken ist. Allerdings weisen Kritiker darauf hin, dass der oberste Gerichtshof nur die Aktenlage prüfe. Ob beispielsweise Geständnisse durch Folter zustande gekommen sind, können die Gerichte so nicht überprüfen.

Autor: Mathias Bölinger (mit dpa, afp)
Redaktion: Miriam Klaussner