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Kunst "Made in Germany"

Sabine Oelze6. Juni 2007

Das Etikett "Made in Germany" trägt zum deutschen Wirtschaftswachstum bei. Es ist begehrt auf dem Weltmarkt. Auch in der Kunst hat sich dieses Gütesiegel Anerkennung verschafft. Das zeigt eine Kunstschau in Hannover.

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Ohne Titel (Plattenbau 1) von Andreas Gefeller | Untitled (Concrete Tower Block I), 2004 Lightjetprint / Diasec | Lightjet print / diasec 110 x 131 cm Courtesy Thomas Rehbein Galerie, Köln
Ausgestellt in Hannover: Ohne Titel (Plattenbau 1) von Andreas GefellerBild: presse
Candice Breitz, King (A Portrait of Michael Jackson), 2005 16-Kanal Installation | 16-channel installation: 16 hard drives Aufgenommen von | Shot at UFO Sound Studios, Berlin, July 2005 Dauer | Duration: 42’20” Courtesy Galerie Francesca Kaufmann, Milan und White Cube, London
Candice Breitz, King (A Portrait of Michael Jackson), 2005Bild: presse

In Hannover ist im Mai in gleich drei Museen eine große Übersichtsschau mit dem Titel "Made in Germany" gestartet. Sie untersucht, welche Rolle der Produktionsstandort Deutschland in der jüngeren Kunst spielt. Im Sprengel Museum, dem Kunstverein Hannover und der Kestnergesellschaft sind Werke von mehr als 50 Künstlern zu sehen, die in Deutschland leben und arbeiten.

Einer der Künstler dieser Schau ist Michael Sailstorfer. Er ist einer der neuen aufstrebenden Stars aus Deutschlands Kunsthauptstadt Berlin, aus der allein vierzig der in Hannover ausstellenden Künstler kommen. Mit seinen 28 Jahren ist er einer der jüngsten Teilnehmer der Ausstellung "Made in Germany". Trotzdem ist er mit gleich zwei Arbeiten vertreten, eine davon ist "Zeit ist keine Autobahn". Sailstorfer hat einen Formel-1-Reifen so montiert, dass sich sein Profil beim Drehen an der Wand abscheuert. Das macht nicht nur Krach und Dreck, das stinkt so sehr, dass dem Besucher schon von weitem ein Geruch von verbranntem Gummi in die Nase steigt. Sailstorfer ist damit ein doppelter Coup gelungen. Nicht nur weil "Zeit ist keine Autobahn" spielerisch leicht die Verheißung der Geschwindigkeit aufs Korn nimmt. Der Reifen hat eine ganz besondere Geschichte. Kein geringerer als Ferrari-Sportchef Jean Todd hat ihn für die Ausstellung gespendet.

Künstler statt Deutscher

Auch der Berliner Skulptur-Künstlers Björn Dahlem stellt seine Arbeit aus. Einfache Holzkonstruktionen mit Bastel-Charme sind das Markenzeichen seiner Skulpturen. Aus Dachlatten, Styropor und Neonröhren überträgt er Wissenschaftsmodelle in die Sphäre der Kunst und lässt sich bei seiner Arbeit von der Philosophie inspirieren. In Hannover zeigt er eine Skulptur mit dem Titel "Schwarzes Loch N-Sphären". Es ist eine Konstruktion aus Ringen, die ineinander verschachtelt sind, konzentrische Ringe und zwei äußere Ringe von der Decke hängen.

Das Ausstellungsmotto "Made in Germany" spielt Dahlem freilich herunter. "Ich definiere mich primär als Künstler und nicht als deutscher Künstler", sagt er. "Ich bin ein Künstler mit deutschem Hintergrund per Geburt und Erziehung und allem, was an sozialem Umfeld dazugehört. Aber das Metaphysische steht bei mir im Zentrum. Ich glaube fest an den transzendentalen Kunstbegriff, der sich stark absetzt von Tendenzen, die man aus den vergangenen Jahrzehnten aus England kennt oder auch aus Amerika, wo Pop der zentrale Gedanke ist. An Pop glaube ich überhaupt nicht."

Für Dahlem ist Kunst aus Deutschland tiefgründiger und nicht so oberflächlich wie die amerikanische Kunst, die mehr Wert auf Pop und den schönen Schein der Oberfläche legt.

Kontroversen in der Kunst-Szene

Slawomir Elsner, Panorama 8 (Ausländisches Geld), 2006 Courtesy Johnen Galerie, Berlin
Slawomir Elsner, Panorama 8 (Ausländisches Geld), 2006Bild: presse

Der Titel "Made in Germany" sorgt schon seit Wochen für Kontroversen. Künstler, Kuratoren und Sammler äußerten ihre Skepsis, ob in Zeiten der Globalisierung die Frage nach der nationalen Herkunft noch Bedeutung habe. Für die sechs Kuratoren, die nach intensiven Atelierbesuchen aus 150 Künstlern eine Auswahl von 53 getroffen haben, stand allerdings weniger Nationales im Mittelpunkt. Sie wollen vielmehr ein Bild davon geben, welche Rolle Deutschland als Produktionsstandort von Kunst spielt.

"Sicher geht es um Deutschland", sagt Kurator Martin Engler. "Mitmachen konnte, wer in Deutschland lebt, ohne dass man an einer Stelle gesagt hätte, man sucht nach dem Deutschen in der Kunst."

Wenn ein Künstler das Etikett "Made in Germany" zu Recht trägt, dann ist es Peter Piller. Seit knapp zehn Jahren arbeitet der Hamburger Künstler mit Pressefotos aus vermeintlichen "Käseblättern" der deutschen Provinz. Aus Zeitungen, die Namen haben wie "Backnanger Kreiszeitung", "Zollern Albkurier" oder "Volksstimme" wählt er Fotos aus. Er scannt sie ein, vergrößert sie, sortiert sie nach Themen und hängt sie ausgedruckt an Museumswände. In Hannover sind wahre Glanzstücke deutscher Sitten und ländlicher Gebräuche zu sehen. Staunen kann man über kuriose Unfälle, die überall in Deutschland passieren. Mal entwischt dem Bauern eine Kuh, die plötzlich in einem Reihenhaus-Garten auftaucht, mal stürzt ein Mann in einen Bach, weil er nicht die Brücke nehmen will.