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Energie der Zukunft Weber: "Wir sind auf einem guten Weg"

25. Mai 2011

Mehr als 50 Prozent der Energie könnte Deutschland bereits 2050 aus Solarenergie beziehen, sagt Eike Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg im Interview mit DW-WORLD.DE.

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Professor Eicke Weber, Fraunhofer Institut FreiburgBild: Fraunhofer Institut Freiburg

Im Interview mit DW-WORLD.DE antwortet Professor Eike Weber vom Fraunhoferinsitut für Solare Energiesystem in Freiburg. Das 1981 gegründete Institut hat inzwischen über 800 Mitarbeiter und gilt als weltweit führend in der Solarenergieforschung. Vor allem steigern die Forscher die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Solarzellen, so dass diese gegenüber der konventionellen Stromproduktion immer konkurrenzfähiger werden. Mehrere Weltrekorde erzielten die Forscher in der Solarforschung.

Herr Weber, die Sonnenenergie boomt. Wärme und Strom wird auf Dächern erzeugt, solarthermische Großkraftwerke und große Photovoltaikparks produzieren immer kostengünstiger Strom. Die Weiterentwicklung der Fotovoltaik schreitet schnell voran. Wohin gehen die Entwicklungen?

Weber: Die Entwicklung geht erstens dahin, die Kosten der Sonnenenergie immer weiter zu senken und damit konkurrenzfähig zu werden, zunächst gegenüber den Haushaltsstrompreisen und dann gegenüber den Erzeugungskosten anderer Energiearten bis hin zur Kernenergie. Und wir sind da tatsächlich auf einem sehr guten Weg, denn durch die höheren Produktionsvolumina und durch entscheidende technische Fortschritte und Innovationen werden die Kosten gesenkt und die Effizienz erhöht.

Derzeit wird der Solarstrom noch bezuschusst und ist nicht konkurrenzfähig, ist denn da schon ein Ende absehbar?

Weber: Ja, das Ende ist sehr nahe, denn wir können aus den in Deutschland bestehenden Regelungen abschätzen, dass schon 2013 der Solarstrom gleich viel kostet wie der Haushaltsstrom oder sogar billiger sein wird. Das heißt, wenn jemand sich eine Solaranlage auf das Haus setzt, kann er schon konkret Geld sparen, selbst ohne Einspeisetarif, weil er dann seinen eigenen Strom günstiger produziert, als was er dem Elektrizitätswerk zahlen muss.

Die Sonnenenergie hat viel Potenzial. Stimmen die weltweiten Rahmenbedingungen für den schnellen Ausbau und die technologische Weiterentwicklung?

Weber: Absolut noch nicht. Ich glaube, weltweit haben wir noch wirklich nicht die Schwierigkeit oder die Herausforderung für die Menschheit erkannt, auf der einen Seite durch die Gefahren von irreversiblen Veränderungen unseres Klimas und auf der anderen Seite durch die vor uns stehende Verknappung der fossilen Energien. Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir in Deutschland und in Europa sehr frühzeitig erkannt haben, dass eine wirkliche Umstellung unseres Energiesystems nötig ist, und jetzt erfahren wir auch, dass die USA unter der neuen Administration natürlich genau in derselben Richtung denkt. Aber was wir wirklich bräuchten, wäre ein echtes Crash-Programm, ein Programm, wo ernsthaftes Geld in die Hand genommen wird. Und wir haben ja gesehen, zum Beispiel in der Bankenkrise oder auch in diesem unseligen Irakkrieg, welche Geldmengen eigentlich zur Verfügung stehen, wenn man politisch eine bestimmte Richtung will. Und wenn dieses erreicht wird, dann kann es plötzlich sehr, sehr schnell gehen. Ich glaube, das wird irgendwann passieren, aber noch bin ich nicht zufrieden in der Hinsicht.

In Europa wird derzeit nur ca. ein Prozent des Strombedarfs durch Solarenergie gedeckt. Welche Prognose geben Sie für 2020 und 2050?

Weber: Für 2020 rechne ich europaweit mit über 10 Prozent. Die europäische Organisation der Photovoltaikfirmen spricht von 12 Prozent. Und diese Organisation hat gesagt, wir stellen die Mittel bereit, um bis zum Jahre 2020 12 Prozent des gesamten europäischen Strombedarfs mit Photovoltaik zu erzeugen.

Und wie sehen Sie die Perspektive bis Mitte des Jahrhunderts, für 2050?

Weber: 2050 werden wir einen ganz überwiegenden Teil unserer Energie aus erneuerbaren Energien beziehen. Dazu gehören dann alle Energien: Windenergie, Wasserenergie, geothermische Energie, Energie aus Bioabfallstoffen wie eben auch die Solarenergien. Aber ich denke, 2050 werden wir mehr als 50 Prozent der Gesamtenergie aus erneuerbaren Quellen beziehen. Und wenn wir Richtung 2100 denken, dann muss es 100 Prozent sein, da gibt es kaum eine Alternative.

Welche Chancen und Entwicklungen sehen Sie für Afrika?

Weber: Ja, in Afrika ist es eigentlich unsere Aufgabe, und da möchte ich auch sehr, sehr stark an Europa und an Deutschland appellieren, afrikanische Länder in der Herstellung erneuerbaren Energien zu unterstützen. Das hat zwei Vorteile: Auf der einen Seite macht man sie weniger abhängig von politisch fragwürdigen Arrangements, weil es eben schwierig ist, fossile Energien zu beziehen. Und auf der anderen Seite helfen wir natürlich der Industrie in Deutschland, die entsprechenden Industrien hochzufahren. Natürlich muss man bei Ländern in Afrika darauf achten, dass man auch langfristig dort lokale Produktion aufbaut, aber auch das ist für uns attraktiv, denn in Deutschland sind wir weltweit führend als Ausrüster von diesen Firmen. Das heißt, wir können dort die Firmen aufbauen, die dann lokal Photovoltaik und Solarthermie produzieren und in Betrieb nehmen.

Herr Weber, ich danke Ihnen für das Gespräch!
Das Interview führte Gero Rueter.

Redaktion: Julia Kuckelkorn/ Richard Fuchs