1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Sonnige Zeiten erst ab 2004

Hanno Grieß22. November 2002

Zu einem nachhaltigen Aufschwung der Weltwirtschaft kommt es wahrscheinlich erst 2004. Unsicherheit bestimmt die Wirtschaft in den wichtigsten Industriestaaten. Dazu kommen hausgemachte Probleme, sagt die OECD.

https://p.dw.com/p/2r23
Wolken trüben weiter den KonjunkturhimmelBild: AP

"Die globale Konjunkturerholung verläuft zaghafter und unausgewogener als erwartet", so die grundsätzliche Einschätzung der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Europa (OECD) in ihrem jüngsten Wirtschaftsausblick. Die Pariser Ökonomen senkten ihre Wachstumsprognose für alle 30 OECD-Staaten für 2003 von zuvor 3,0 Prozent auf nur noch 2,2 Prozent. Die bisher angepeilten drei Prozent seien erst für 2004 wahrscheinlich. Ob es dazu kommt, wird entscheidend von der US-Wirtschaft abhängen. "Die Gefahren für die Weltwirtschaft sind erheblich", warnt der OECD-Chefvolkswirt Jean-Philippe Cotis. Das amerikanische Leistungsbilanzdefizit von rund fünf Prozent könne auf Dauer nicht gehalten werden, denn die hohe Verschuldung der Privathaushalte zwinge die Verbraucher dazu, weniger auszugeben.

Mögliche Folgen: Der Dollar erlebt einen Kurssturz und die US-Wirtschaft fällt als Stütze der Weltwirtschaft aus. Dazu kommt die Wahrscheinlichkeit eines Irak-Krieges. Sollte es am Golf zu einer Eskalation kommen, könnten die Ölpreise in die Höhe schießen. Die US-Wirtschaft wird 2003 mit voraussichtlich 2,6 Prozent nur verhalten expandieren und erst 2004 auf 3,6 Prozent wachsen können.

Folgen der Abhängigkeit

Die niedrigen Erwartungen schlagen sich auch in Europa nieder. Die deutsche Wirtschaft ist zum Beispiel generell außenhandels-abhängig, meint der OECD-Ökonom Andreas Wörgötter. Und ist auch Europa noch lange nicht auf Erholungskurs. Die Prognose für die gesamte EU senkte die OECD für 2003 auf 1,9 Prozent und für die kleinere Eurozone auf 1,8 Prozent. 2004 soll es mit 2,7 Prozent Wachstum wieder stärker aufwärts gehen. Deutschland schneidet noch schlechter ab – die Konjunkturprognose haben die Experten für 2003 auf 1,5 Prozent zurückgenommen. Zuvor waren sie von 2,5 Prozent ausgegangen.

Konjunktur Symbolbild
Bild: Bilderbox

Inbesondere wegen der schwachen Binnen-Nachfrage in Deutschland und Italien rechnet die OECD mit einer großzügigen Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und mit einer Senkung der Leitzinsen um einen halben Prozentpunkt. Ob es dazu jedoch kommt, ist ungewiss – die EZB hat sich schon mehrfach Forderungen nach einer Senkung der Leitzinsen widersetzt. Sie hat vor allem die Entwicklung der Inflation im Auge, und die dürfte in der nächsten Zukunft immer noch knapp oberhalb ihrer eigenen Toleranzgrenze von zwei Prozent liegen.

Armutszeugnis

Wie ein Klotz am Bein der Wirtschaft hängen hausgemachte Probleme wie die Haushaltspolitik. Ihr stellt die OECD generell ein schlechtes Zeugnis aus. Bestes Beispiel: Deutschland wird in diesem Jahr mit 3,7 Prozent die Defizitobergrenze des Stabilitätspakts deutlich verfehlen. Die liegt nämlich bei 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Viele Länder hätten ihre Probleme angehen müssen, als die Konjunktur noch besser lief. Notwendig sei jetzt ein glaubwürdiges Konsolidierungsprogramm mit einer nachhaltigen Kürzung der Staatsausgaben. Gestützt werden die schlechten Prognosen auch durch die Beurteilungen anderer Organisationen. Der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Horst Köhler, betrachtet die gegenwärtige Lage der Weltwirtschaft als unsicher, rechnet aber wie die Pariser OECD-Kollegen mit einer moderaten Erholung für 2004.