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Politik

Ungarn zentralisiert Regierungsmedien

30. November 2018

In Ungarn entsteht ein regierungsnaher Medienriese, der fast 500 Medien zusammenfasst. Die Bündelung so vieler Zeitungen, Sender und Portale verstärkt die Sorgen um die ohnehin angeschlagene Pressefreiheit.

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Ungarn Zeitungen - Pressefreiheit - Kiosk
Noch gibt es eine größere Auswahl an Magazinen in Ungarn (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/A. Kisbenedek

Ungarns regierungstreue Privatmedien kommen unter noch straffere staatliche Kontrolle als bisher. Fast 500 Medienunternehmen, deren Produkte auf Regierungslinie liegen, wurden in einer Holding zusammengefasst, die diese Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehsender und Internetportale nun zentral koordinieren soll. Die Holding trägt den Namen Mitteleuropäische Stiftung für Medien und Presse (Közep-Europai Sajto es Media Alapitvany) und soll vom Medienfachmann Gabor Liszkay geführt werden, einem treuen Weggefährten des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Regierungsnahe Verlage und Medienunternehmen kündigten an, ihre Anteile an die im August gegründete Stiftung zu überführen. Ob das ungarische Kartellamt es billigt, dass insgesamt 476 Medienprodukte von ein und demselben Unternehmen produziert werden, ist unklar.

Das Vorhaben stieß im In- und Ausland auf Kritik. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte die EU-Kommission auf, "die Versuche der ungarischen Regierung, die Freiheit der Medien und den Pluralismus einzuschränken, als schwerwiegenden und systematischen Machtmissbrauch zu behandeln". Der DJV-Vorsitzende Frank Überall betonte: "Die Regierung Orban verstößt nicht zum ersten Mal gegen die Pressefreiheit." Überall fügte hinzu: "Die EU-Mitgliedstaaten sind dazu verpflichtet, den Medienpluralismus und ein Umfeld zu gewährleisten, in dem die Bürger an der öffentlichen Debatte teilnehmen und Ideen und Meinungen ohne Angst äußern können." 

Hetzjagd gegen Regierungskritiker in Ungarn

Ministerpräsident Viktor Orban habe diese Zentralisierung persönlich verfügt, aus Unzufriedenheit darüber, dass viele Staatsmittel unkontrolliert in den verschiedenen regierungsfreundlichen Medienunternehmen versickerten, berichtete das oppositionelle Portal 444.hu. Der Analyst der Denkfabrik Mertek Media Monitor in Ungarn, Gabor Polyak, sagte der Nachrichtenagentur AFP, eine "derartige Machtkonzentration der Medien in der Hand einer Einheit" sei in der EU "beispiellos". Auch die Budapester Medienanalystin Agnes Urban sprach von einem "beispiellosen" Schritt.

Orban hat die Medienlandschaft seit seinem Amtsantritt 2010 energisch zu seinen Gunsten verändert. Druckmittel waren die staatlichen Anzeigen, von denen die Presse lebt. Die wenigen kritischen Medien bangen um ihr wirtschaftliches Überleben. Die Organisation Reporter ohne Grenzen stuft das Land bei der Pressefreiheit weltweit inzwischen auf Platz 71 von 180 ein. Als Orbans Fidesz-Partei an die Macht kam, lag Ungarn noch auf Platz 23.

kle/sam (afp, dpa, epd)