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Politik

Spaniens politische Blockade ist ungebrochen

11. November 2019

136 Millionen Euro soll die zweite Neuwahl des Jahres gekostet haben. Und sie hat den Frust der Wähler erhöht. Doch das Ziel, endlich für klare politische Verhältnisse in Spanien zu sorgen, hat sie krachend verfehlt.

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Spanien Parlamentswahlen  Pedro Sanchez
"Pedro der Schöne": Regierungschef Sánchez vor der PSOE-ZentraleBild: picture-alliance/AP Photo/B. Armangue

Es gibt einen Wahlsieger nach dieser erneuten Abstimmung in Spanien: das ist die Sozialistische Arbeiterpartei PSOE von Ministerpräsident Pedro Sánchez (47). Es gibt auch einen politischen Sieger nach dieser, wie sich nun zeigt, völlig unnötigen Wahl: die rechtsextreme Partei Vox, die ihre Parlamentssitze mehr als verdoppeln konnte. Was es aber auch jetzt wieder nicht gibt, ist eine regierungsfähige Mehrheit.

Es ist eher sogar noch schlimmer als nach der Wahl vom April 2019. Die PSOE hat als führende Kraft drei Mandate im Madrider Abgeordnetenhaus eingebüßt und ist mit 120 von insgesamt 350 Sitzen unbedingt auf einen Regierungspartner angewiesen. Die konservative PP unter dem 38-jährigen Pablo Casado hat das zuvor schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte nur leidlich korrigieren können und liegt mit 87 Abgeordneten unverrückt auf dem zweiten Rang. Gemeinsam mit den Sozialisten wäre zwar eine große Koalition möglich, doch dies hatten die Chefs der beiden Traditionsparteien schon nach der April-Wahl wie auch im zweiten Wahlkampf des Jahres kategorisch ausgeschlossen.

Spanien Parlamentsneuwahl
Der konservative Herausforderer: Oppositionsführer Casado bei der Stimmabgabe in MadridBild: Reuters/J. Nazca

Das parteipolitische Gerangel und die daraus resultierende Pattsituation hat das Wahlvolk spürbar gelähmt: Der "Verdruss", wie die große Tageszeitung "El Mundo" schon vor der Abstimmung titelte, senkte die Wahlbeteiligung auf unter 70 Prozent und führte zu einer weiteren Zersplitterung des Parlaments. Da diesmal vor allem linke Wähler der Abstimmung ferngeblieben sind, erleben die Rechten einen Aufschwung. Das Linksbündnis Unidas Podemos (UP) rutschte von 42 Sitzen auf etwa 35, ihre Abspaltung Más País (Mehr Land) kam auf drei Abgeordnete. Ein Fiasko gab es für die liberalen Ciudadanos (Bürger), die zuvor noch mitgeredet hatten und nun von 57 auf etwa zehn Mandate fielen.

Und nun?

Die vorgezogene Neuwahl war nötig geworden, weil es Sánchez nach seinem Wahlsieg im April nicht gelungen war, eine stabile Regierung zu bilden. Der Sozialist konnte sich nicht mit Podemos auf eine Regierungskoalition einigen. Nun ist das linke Lager geschrumpft, und auch auf der anderen Seite sind keine handlungsfähigen Mehrheiten in Sicht.

Eine Regierungsbildung wäre im Grunde nur noch denkbar, wenn sich Sánchez mit seiner Forderung nach Duldung einer Minderheitsregierung der PSOE durchsetzt - was aber ebenfalls als äußerst unwahrscheinlich gilt. Der Sozialist hatte angekündigt, der PP, der UP und den Liberalen "innerhalb von 48 Stunden" nach der Wahl einen Vorschlag zur "Beendigung der Blockade" vorlegen zu wollen. Mit der Vox-Partei will Sánchez nicht sprechen: "Wir werden alle Parteien ansprechen bis auf jene, die Hass verbreiten", betonte Sánchez. Die rechtsextreme, nationalistische, homophobe und antifeministische Vox knüpft an das Erbe des spanischen Diktators Francisco Franco an.

Santiago Abascal, Vorsitzender der rechten VOX-Partei
Erklärter Stierkampf-Fan: Vox-Chef Abascal beim Wahlkampf in BarcelonaBild: picture-alliance/AP/E. Morenatti

"In Handschellen"

Das Erstarken von Vox ist eng mit der Auseinandersetzung um Katalonien verbunden. Der Streit um die abtrünnige Region hatte den Wahlkampf geprägt, nachdem der Oberste Gerichtshof in Madrid am 14. Oktober Haftstrafen von bis zu 13 Jahren gegen führende Vertreter der Unabhängigkeitsbewegung verhängt hatte. Seither gab es in Katalonien nicht nur wiederholt Massenproteste, sondern zunehmend auch gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften.

Sánchez hatte bei einer TV-Debatte mit den anderen Spitzenkandidaten in Aussicht gestellt, Referenden über die Unabhängigkeit von Spanien "ein für allemal zu verbieten". Vox-Chef Santiago Abascal ging das nicht weit genug. Er forderte, den katalanischen Regionalpräsidenten Quim Torra "in Handschellen" abzuführen und vor Gericht zu stellen.

rb/wa (afp, ap, dpa, rtr)