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SPD segnet Vorratsdatenspeicherung ab

20. Juni 2015

Nach monatelangem Streit in der SPD über die Speicherung von Telekommunikationsdaten hat sich die Parteispitze durchgesetzt. Allerdings gab es beim Parteikonvent viele Gegenstimmen.

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SPD-Chef Sigmar Gabriel (r.) und Bundesjustizminister Heiko Maas auf dem Berliner Parteikonvent (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Ein kleiner SPD-Parteitag hat mit knapper Mehrheit für die umstrittene Vorratsdatenspeicherung gestimmt. 124 Delegierte votierten bei dem Parteikonvent in Berlin für das Gesetzesvorhaben der schwarz-roten Bundesregierung. 88 SPD-Vertreter lehnten den von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD / im Artikelbild l.) erarbeiteten Entwurf ab, sieben Delegierte enthielten sich. Gegenanträge vor allem von Parteilinken wurden damit abgelehnt. SPD-Chef Sigmar Gabriel (r.) sprach trotz der vielen Gegenstimmen von einem "klaren Ergebnis".

Die Sozialdemokraten verknüpften ihre Zustimmung allerdings mit der Forderung, das Gesetz nach einer bestimmten Frist zu überprüfen. Maas erklärte dazu: "Die Prüfung sollte unter Einbeziehung wissenschaftlicher Sachverständiger erfolgen, die im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag bestellt werden sollten." Gabriel sagte, er habe mit Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vor zwei Wochen darüber gesprochen. Maas zeigte sich zuversichtlich, dass das Gesetz nach der Sommerpause verabschiedet werde.

Warnung vor Koalitionsstreit

Parteichef Gabriel mahnte in seiner Rede vor den Delegierten: "Wir dürfen nicht zulassen, dass Freiheit und Sicherheit als Gegensätze gesehen werden. Es gibt keine Freiheit ohne Sicherheit, und es gibt keine Sicherheit ohne Freiheit." Gabriel hatte im Frühjahr Maas, der eigentlich ein Gegner des Datensammelns ist, angewiesen, zusammen mit der Union einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Eine Niederlage bei dem Konvent wäre für Gabriel eine Blamage gewesen. Er hatte die Delegierten vor der Abstimmung nach Darstellung von Teilnehmern gewarnt, wenn sie nicht zustimmten, gebe es Ärger in der Koalition mit der Union. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi hatte die Abstimmung zum Votum über die Regierungsfähigkeit erklärt.

Die Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation Jusos, Johanna Uekermann, und andere Gegner des Gesetzes kritisierten dagegen "einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der Bürger". Uekermann ergänzte jedoch, dass sie den Beschluss des Parteikonvents akzeptieren werde. Vor der SPD-Parteizentrale in Berlin protestierten Netzaktivisten mit Plakaten gegen die Vorratsdatenspeicherung.

Gegner der Vorratsdatenspeicherung demonstrieren am 20. Juni 21015 vor der SPD-Zentrale (Foto: dpa)
Gegner der Vorratsdatenspeicherung demonstrieren vor der SPD-ZentraleBild: Picture-Alliance/dpa/R. Jensen

Kritik von der Opposition

Die CDU lobte die Entscheidung. Generalsekretär Peter Tauber twitterte, dass der "gute Kompromiss" nun Gesetz werden könne. Linke, Grüne und die FDP reagierten hingegen empört. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kündigte an, ihre Partei werde notfalls vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Jahrelang habe die SPD Widerstand versprochen. "Jetzt fällt sie krachend um", erklärte Göring-Eckardt. Der Linke-Abgeordnete Jan Korte sagte: "Die SPD-Führung ist dabei, die Partei endgültig zu entkernen." FDP-Vize Wolfgang Kubicki nannte die Entscheidung einen Schlag ins Gesicht für alle, die sich in Zeiten flächendeckender Geheimdienstspitzeleien um die Bürgerrechte sorgten.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Telekommunikationsunternehmen die Telefon- und Internetverbindungsdaten aller Bürger zehn Wochen lang speichern. Dazu gehören die Rufnummern der beteiligten Anschlüsse, Zeitpunkt und Dauer der Anrufe sowie die IP-Adressen von Computern. E-Mails sind aber ausgenommen. Für die Standortdaten, die bei Handy-Gesprächen anfallen, ist eine verkürzte Speicherfrist von vier Wochen vorgesehen.

ago/kis (dpa, afp, rtr)