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Politik

SPD-Widerstand gegen große Koalition bröckelt

22. November 2017

Etliche Abgeordnete wollen mit der Union ein mögliches Bündnis ausloten. Andere beharren auf ihrer Absage an eine Neuauflage der großen Koalition. Laut Parteichef Schulz ist sich die SPD ihrer Verantwortung bewusst.

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Berlin Martin Schulz, SPD-Vorsitzender
Bild: Reuters/H. Hanschke

Große Koalition Ja oder Nein, diese Frage treibt die Sozialdemokraten nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen zwischen Union, Grünen und FDP um. Mit der Erneuerung seiner klaren Absage zu einer Neuauflage des Regierungsbündnisses zwischen CDU/CSU und SPD war Parteichef Martin Schulz nach dem Abbruch der Jamaika-Gespräche vorgeprescht. Mit dieser Verweigerungshaltung gerät Schulz auch parteiintern zunehmend unter Druck.

Sozialdemokraten wanken

Es wächst die Gruppe der SPD-Politiker in Bund und Ländern, die fordern, die Partei müsse ihr kategorisches Nein aufgeben und sich auch in Sachen große Koalition eine Tür offenhalten. Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen stehe die Partei vor einer neuen Situation, schrieb die SPD-Bundestagsabgeordnete Ulla Schmidt auf Facebook. "Die SPD darf sich deshalb Gesprächen nicht verschließen." Es gebe für die SPD keinen Grund, vor einer großen Koalition Angst zu haben, sagte die frühere Bundesgesundheitsministerin weiter. Die Sozialdemokraten sollten vielmehr "im Gespräch alle möglichen Optionen ausloten und sehen, wie wir für unserer Wählerinnen und Wähler das Bestmögliche erreichen können". Dagegen wären Neuwahlen "den Bürgern kaum vermittelbar und für die SPD gewiss kein Selbstläufer".

Achim Post, Chef der einflussreichen SPD-Landesgruppe Nordrhein-Westfalen im Bundestag, sagte dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel": "Parteien und Fraktionen sind in der Pflicht, gerade in einer schwierigen Lage wohlüberlegt Schritt für Schritt vorzugehen."

Nein-Sager bleiben hart

Insbesondere konservative Sozialdemokraten in Bund und Ländern machen sich für Gespräche mit der Union stark. Der "Seeheimer Kreis" vom rechten Flügel der Partei forderte Parteichef Schulz auf, den Kurs auf Neuwahlen zu überdenken. 

Grünen-Politiker Konstantin von Notz: Eine pauschale Verweigerung von Gesprächen geht nicht

Andere SPD-Politiker bleiben bei ihrer Ablehnung. Partei-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel bekräftigte im ZDF: "Wir sehen im Moment keine Basis für eine große Koalition." Die inhaltlichen Differenzen zwischen SPD und Union seien heute größer als die zwischen den Jamaika-Parteien. Stattdessen sprach er sich für eine Minderheitsregierung aus, um Neuwahlen zu vermeiden. Zuvor hatte bereits Fraktionschefin Andrea Nahles für eine Minderheitsregierung oder Neuwahlen plädiert. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer versuchte den Druck auf die Sozialdemokraten abzuwehren. Es sei "nicht die SPD, die Deutschland in diese schwierige Situation manövriert hat", sagte Dreyer mit Blick auf die gescheiterten Jamaika-Sondierungen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Schulz versucht moderate Töne

Parteichef Martin Schulz ist einen Tag vor seinem Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ganz offensichtlich bemüht, die Gemüter in der Partei zu beruhigen. Für die SPD stehe in der verfahrenen Lage das Wohl des Landes vor Parteiinteressen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Die SPD ist sich vollständig ihrer Verantwortung in der momentan schwierigen Lage bewusst." Es sei gut, dass der Bundespräsident die Initiative ergriffen habe. "Ich bin sicher, dass wir in den kommenden Tagen und Wochen eine gute Lösung für unser Land finden."

qu/uh (afp, dpa, rtr)