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Politik

Spesenaffäre belastet EU-Kommissionskandidat

6. September 2019

Der Pole und ehemalige Europaabgeordnete Janusz Wojciechowski wird als künftiger EU-Kommissar gehandelt. Doch nun werden Betrugsvorwürfe gegen ihn laut - die auch Ursula von der Leyen unter Druck setzen.

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Janusz Wojciechowski - Polnischer Politiker und Mitglied des Europäischen Parlaments
Bild: picture-alliance/PAP/R. Guz

Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) gab bekannt, es gebe den Verdacht, dass Janusz Wojciechowski in seiner Zeit als Europaabgeordneter Reisen nicht richtig abgerechnet hat. Die "mutmaßlichen Unregelmäßigkeiten bei der Erstattung von Reisekosten" würden nun untersucht, hieß es seitens der Behörde. 

Über die OLAF-Ermittlungen hatte zuvor der "Spiegel" berichtet. Das Blatt schreibt, Wojciechowski habe bestätigt, für den Zeitraum 2009 bis 2011 auf eigene Initiative 11.250 Euro für "nicht ausreichend dokumentierte" Reisekosten erstattet zu haben. Dies sei "auf eigene Initiative" und ohne jegliche vorherige Untersuchung erfolgt, erklärte er. Damit habe der europäische Steuerzahler "keinerlei Verluste" erlitten.

Die OLAF-Ermittlungen sollen sich jedoch nach "Spiegel"-Informationen auf weitere Vorgänge beziehen, das bestreitet Wojciechowski gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. OLAF wollte sich nicht zu Details des laufenden Verfahrens äußern. 

Ausgang der Ermittlungen noch offen

Wojciechowski ist für den Posten des Landwirtschaftskommissars im neuen Kommissionsteam nominiert. Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will die Zusammensetzung ihrer 27-köpfigen Kommission, die am 1. November die Arbeit aufnehmen soll, am Dienstag vorstellen. Jeder Mitgliedstaat stellt dabei einen Kommissar. Wojciechowski war von 2004 bis 2016 Europaabgeordneter. Seitdem war er für den Europäischen Rechnungshof tätig.

Ob ein Abschlussbericht von OLAF vorliegt, bevor die künftigen Kommissare Ende September im EU-Parlament angehört werden, und ob Wojciechowski weiteres Geld erstatten muss, ist laut "Spiegel" offen. Wie es aus dem Parlament hieß, sind bei Bestätigung der Vorwürfe in solchen Fällen auch juristische Verfahren in den Heimatländern der Betroffenen möglich. Darüber entscheidet aber die dortige Justiz.

Weitere Kandidatin unter Druck

Auch die französische Kandidatin für die neue EU-Kommission, Sylvie Goulard, hat im Zusammenhang mit einer Affäre um die Scheinbeschäftigung eines Assistenten auf Kosten des Europaparlaments 45.000 Euro zurückgezahlt. Die Rückzahlung decke das Gehalt und die Ausgaben ihres Assistenten Stéphane Thérou für die Zeit zwischen Juli 2014 und Ende Februar 2015, hieß es aus informierten Kreisen. Die frühere EU-Parlamentarierin Goulard war wegen des Vorwurfs der Scheinbeschäftigung im Juni 2017 nach rund einem Monat von ihrem Posten als Verteidigungsministerin zurücktreten. In Frankreich sind die Ermittlungen zu der Affäre, die sich auch gegen andere Politiker ihrer liberalen Partei MoDem richten, noch nicht abgeschlossen.

Wenn Zweifel an Kandidaten wie Wojciechowski oder Goulard bestehen, wird es für von der Leyen kritisch, weil das EU-Parlament nur die gesamte vorgeschlagene EU-Kommission bestätigen kann. Wird nur ein Kandidat abgelehnt, muss die Zusammensetzung des Kommissionsteams noch einmal von vorne beginnen. 

lh/rb (dpa, afp)