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Politik

Spielt Maduro auf Zeit?

Evan Romero-Castillo
11. Juli 2019

Bereits zum dritten Mal vermittelt die norwegische Regierung im Krisenland Venezuela. Doch wie erfolgversprechend sind die Gespräche, die in dieser Woche auf der Karibikinsel Barbados wiederaufgenommen wurden?

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Venezuelas Präsident Nicolas Maduro
Bild: Reuters/M. Palace

Die Situation in Venezuela ist festgefahren. Das Land verfügt über zwei konkurrierende Parlamente, über zwei oberste Gerichte und zwei Präsidenten. Auf der einen Seite steht der amtierende Staatschef Nicolás Maduro. Auf der anderen der als Übergangspräsident von 54 Nationen anerkannte Parlamentspräsident Juan Guaidó. Einen Ausweg aus dieser Blockade versuchen beide Seiten nun zum dritten Mal, mit Hilfe der norwegischen Regierung zu finden.

Doch wie erfolgversprechend sind die Gespräche, die in dieser Woche in Barbados wiederaufgenommen wurden? "Als Mediator genießt Oslo das Vertrauen der venezolanischen Regierung, da beide Seiten als Moderatoren am kolumbianischen Friedensprozess beteiligt waren", meint Detlef Nolte, von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) im Gespräch mit DW. Andererseits seien aber alle Dialoge, die in den vergangenen fünf Jahren in Venezuela stattgefunden haben, gescheitert. Alles deute darauf hin, so Nolte, dass Maduro auch dieses Mal nur Zeit gewinnen wolle.

"Zusagen gebrochen"

Phil Gunson, Venezuela Experte der Denkfabrik "International Crisis Group", stimmt dieser Einschätzung zu: "Die Maduro-Regierung hat Zusagen gebrochen, falsche Informationen verbreitet und die Gespräche dazu genutzt, ihre Kritiker zu spalten. Um Vertrauen zurückzugewinnen, muss die Regierung mehr tun, als vereinzelt ein paar politische Gefangene freizulassen, da in Venezuela mehr Menschen verhaftet als freigelassen werden", so Gunson. Der Analyst fordert, dass die venezolanische Regierung alle Maßnahmen aufheben solle, die Oppositionspolitiker politisch behindern oder ins Exil zwingen.

Venezuela | Geheimdienst nimmt Guaidos Stellvertreter Edgar Zambrano fest
Spektakuläre Verhaftung: Der Geheimdienst ließ Oppositionspolitiker Zambrano im Mai 2019 in seinem Auto abschleppenBild: imago/Agencia EFE/M. Gutiérrez

Anfang Mai verhaftete der venezolanische Geheimdienst den stellvertretenden Parlamentsvorsitzenden und Vertrauten von Guaidó, Edgar Zambrano, auf spektakuläre Weise. Weil Zambrano sich geweigert hatte, aus seinem Auto auszusteigen und sich zu ergeben, wurde er im Fahrzeug sitzend von einem Abschleppwagen abgeführt.

Venezuela | Geheimdienst nimmt Guaidos Stellvertreter Edgar Zambrano fest
Edgar Zambrano (links), Stellvertreter von Parlamentspräsident Juan GuaidoBild: picture-alliance/dpa/AP Photo/File/F. Liano

Insgesamt wird gegen 24 Mitglieder des oppositionellen Parlaments gerichtlich ermittelt. Vertreter der Opposition fordern ein Ende der Verfolgung und Schikane. Doch angesichts der politischen Stagnation im Land würde wohl jede Einigung in Barbados als Zeichen des Fortschritts aufgefasst werden.

US-Strategie gescheitert

Für Ricardo Sucre, Professor für Politikwissenschaft an der Zentraluniversität von Venezuela in Caracas, ist die Frage der offenen und freien Wahlen essenziell: "Ich glaube nicht, dass man in Barbados die Lösung für alle Aspekte der venezolanischen Krise finden wird. Aber man kann schon erwarten, dass sich beide Seiten auf verbindliche Mechanismen, das heißt, Wahlen unter internationaler Beobachtung einigen. Ob diese Wahlen nun legislativ oder präsidial sein sollen, kann man auch später entscheiden", argumentiert Sucre. Wichtig sei nur, dass die Bürger entscheiden könnten, in welche Hände die Staatsmacht gelegt wird, und dass ihr Wille respektiert werde.

Unabhängigkeitstag in Venezuela
Am Unabhängigkeitstag (5.7.) protestieren in Caracas tausende Venezolaner gegen Folter Bild: picture-alliance/L. Fernandez

"Guaidó und seine Anhänger müssen flexibler auftreten", meint Phil Gunson. Der Plan mit Hilfe der USA, den Rücktritt Maduros unter Androhung einer militärischen Intervention zu erzwingen, sei nicht aufgegangen. Ein Rücktritt von Maduro als Bedingung für die Durchführung von Wahlen sei nicht durchsetzbar, betont Gunson. Außerdem stünden die nächsten regulären Parlamentswahlen schon für Ende 2020 an. Im besten Falle könne man sich vielleicht darauf einigen, Parlaments- und Präsidentschaftswahlen gleichzeitig stattfinden zu lassen.

Venezuela befindet sich derzeit in einem lähmenden Zustand, der die Probleme seiner Bewohner mit jedem Tag verschärft und sie zur massiven Auswanderung zwingt. Der offene Machtkampf begann 2016, als die sozialistische Regierung und die von ihr kontrollierten Institutionen die Arbeit des von der Opposition kontrollierten Parlaments zu behindern suchten.